In der Fortsetzung zu Denis Villeneuves genialem Thriller wird versucht einen Überraschungshit in eine “Saga” zu verwandeln.
Nach einer Reihe von Selbstmordanschlägen auf amerikanischen Grund vermutet die Regierung, dass die Terroristen mit der Hilfe von mexikanischen Drogenkartellen über die Grenzen geschmuggelt werden. Eine inoffizielle Task-Force unter der Leitung von Matt Graver (Josh Brolin) soll als Antwort einen Krieg unter den Kartellen starten. Erneut wendet sich Matt an den Sicario (spanisch: Auftragskiller) Alejandro Gillick (Benicio Del Toro) mit einem heiklen Auftrag: Isabela Reyes (Isabela Moner), die Tochter des Kartellbosses Carlos Reyes soll entführt werden, um den Konflikt in der mexikanischen Unterwelt zu provozieren.
Gestern Arschloch, heute Sympathler
In Sicario erfuhr das Publikum durch die Protagonistin Kate Macer (Emily Blunt) die Ruchlosigkeit der amerikanischen Organisationen. Als externe Beraterin kam sie wie das Publikum in eine neue Welt und war eine leichte Identifikationsfigur, um den Horro zu teilen. Die Zuschauer sind so schockiert wie Macer, wenn Matt und Alejandro sich über sämtliche ethische Regeln hinwegsetzen und Kate als Strohpuppe hingesetzt wird (mehr Diskussionen dazu in unserem Sicario Podcast). Von Blunts Figur ist in Sicario 2 nichts mehr zu finden. Alejandro ist nun der Protagonist und wenn man den ersten Film nicht gesehen hat, dann könnte man fast glauben, es handle sich hier um einen harten aber netten Kerl, wie er so oft im Western-Genre (Solo, Logan) gezeichnet wird.
Klar erschießt er hin und wieder die gesichtslosen Antagonisten, aber dann ist er ganz einfühlsam zum kleinen Mädchen und das passt schon wieder. Auch Matt wird kaum widersprochen und wenn der Film anspricht, dass er zu weit geht hat das außer ein paar Lippenbekenntnissen keine tatsächlichen Auswirkungen auf die Handlung.
Wo sind Denis und sein Team?
Nicht nur Emily Blunt fehlt in dieser Fortsetzung. Regisseur Denis Villeneuve (Sicario, Blade Runner 2049) hat sich verabschiedet und gleich Kameramann Roger Deakins und Editor Joe Walker mitgenommen. Mit dem tragischen Ableben von Komponist Jóhann Jóhannsson bleibt bei Sicario 2 lediglich Drehbuchautor Taylor Sheridan und Sound Designer Alan Robert Murray. Und diesen starken Bruch im kreativen Team spürt man von der ersten Minute an.
Wo Sicario den Puls höher schlagen lies und das Publikum permanent fesselte, fühlt man in der Fortsetzung gähnende Langeweile während die standardisierte Handlung vor sich hinplätschert. Wo sich im ersten Film jede Actionsequenz ins Gedächtnis des Publikums einbrannte, kann man sich hier am Ende des Filmes kaum mehr erinnern, was anfangs passiert ist.
Der Vergleich mit dem ersten Teil mag unfair erscheinen, ist aber nicht von der Hand zu weisen und ist eine beeindruckende Demonstration für die Macht der Inszenierung. Das Drehbuch des Vorfilmes war ähnlich einfach konstruiert, doch die Art, wie Villeneuve und sein Team eine relativ einfache Geschichte erzählten machte Sicario zu einem Erlebnis trotz wackeligem Fundament. Bleibt das Fundament gleich, aber die Architekten wechseln ist ein Ergebnis wie Sicario 2: Soldado wenig überraschend.
Sicario Saga?
Sicario 2: Soldado wirft moralische Fragen auf, ohne sie großartig zu behandeln. War on Terror und War on Drugs werden zusammengemischt und die Korrelationen werden lediglich in einem Satz erklärt. All diese Konflikte reichen kaum um einen einzigen Film zu füllen, trotzdem soll es mehr geben? In einer Welt, in der das Wort Shared Universe (siehe Marvels MCU) den Ton angibt, muss auch Sicario zu einer Saga befördert werden. Und so entwickelt sich Sicario 2: Soldado in den letzten Minuten zu einem Werbefilm für Sicario 3, der den Auftragskiller fast schon wie den eines coolen Jedi Ritters wirken lässt. Spätestens hier verliert die Fortsetzung jegliche Komplexität und verkommt zu absoluter Stangenware. Umso trauriger ist dieses “non-Finale” , wenn Minuten davor ein weitaus ambitioniertes Event stattfindet, das jedoch sofort wieder entkräftet wird.
Fazit (Wolfgang):
Film: Sicario 2: Soldado
Rating:
Sicario 2: Soldado lässt einen reflektieren, wie handwerklich fantastisch Denis Villeneuves Sicario war. Abgesehen von generischer Handlung, plumper Gesellschaftskritik und fragwürdig inszenierten Figuren bietet diese Fortsetzung nichts, was man sehen muss und macht schon gar keine Lust auf Sicario 3. Schaut nochmal den ersten Teil!
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