Hunde sind die besseren Menschen.
Es gab einmal eine Zeit, in der Menschen mit Katzen und Hunden friedlich zusammenleben konnten. So erzählt das Märchen zu Beginn von Wes Andersons Stop Motion Animationsfilm Isle of Dogs. Doch viel hat sich seitdem geändert. Eine Seuche befiel die Hunde und der faschistisch angehauchte Bürgermeister der Zukunftsstadt Megasaki City verbannt kurzerhand alle Hunde auf die Müllinsel vor der Küste. Ein Junge hält davon wenig, fliegt zur Insel und macht sich auf die Suche nach seinem Hund.
Hunde sind einem näher als Menschen
Soviel zum Setup, was danach folgt ist typisch Wes Anderson und wer schon bei Grand Budapest Hotel die Augen verdreht hat, wird hier wohl auch nicht glücklicher werden. Perfekt symmetrische Shots, manuelle Kamerafahrten, Farbenspiel und skurrile Figuren sind die Sprache von Anderson und in Isle of Dogs spricht er sie nicht nur, er singt sie.
Für eine optische Änderung sorgt sein Ortswechsel nach Japan, was ihm prompt Kritik einbrachte. Unsensibel sei der Umgang mit japanischen Charakteren, immerhin wird ihr japanisch nicht untertitelt, sondern nur hin und wieder von englischsprachigen Übersetzerinnen übersetzt. Auf dem Papier schaut das nicht so gut aus und auch im Film hinterfragt man den Kniff möglicherweise, aber Wes Anderson arbeitet japanische Kultur so liebevoll ein (vor allem wenn in Alexandre Desplat Soundtracks japanische Taiko-Trommeln zu hören sind), dass man diese Kritikpunkte wohl als patschert abstempeln kann.
Und mehr Kritik…
Viel problematischer ist da schon, dass Isle of Dogs wieder so männlich dominiert ist. Vielleicht liegt das daran, dass Anderson all seine Freunde unterbringen wollte – im Cast sind die üblichen Kandidaten: Edward Norton, Bill Murray, Jeff Goldblum, F. Murray Abraham, Bob Balaban, etc. – vielleicht, weil Hunde eher männlich und Katzen weiblich konnotiert sind, am Ende sind das aber nur fadenscheinige Argumente. Bestenfalls. Mit Scarlett Johansson, Greta Gerwig, Frances McDormand und Yoko Ono sind zwar einige Frauen im Cast, aber die werden schon sehr an den Rand gestellt, als love interests verwendet und im Fall von Gerwig auch noch als Amerikanerin, die Japan den Weg zeigen muss (wie gesagt, patschert).
Was Wes Anderson aber zum ersten Mal gemacht hat, war politisch zu werden. Worauf er bei der Biennale von deutschen KritikerInnen gleich einmal scharf kritisiert wurde. Was wohl als Allegorie auf den Umgang mit Flüchtlingen gedacht war und teilweise brutal an die Flüchtlingspolitik von Ländern wie Australien erinnert, wurde als Konzentrationslager ausgelegt. Was Anderson wirklich sagen wollte – immerhin gibt es Herrscher mit klar faschistischen Zügen – bleibt am Ende wohl Interpretationssache. Was die Kritik aber auch zeigt, ist wie stark die eigene Kultur den Blick auf eine andere beeinflusst.
…trotzdem sehenswert
Was sich jetzt wie verheerende Kritik anhört, entpuppt sich am Ende als große Empfehlung. Es soll hier nur nicht weggeschaut werden, wo es problematisch werden könnte. Isle of Dogs ist alles in allem großes Kino, selbst für Katzenliebhaber (Und bitte hört auf zu fragen, ob der Film für Katzenfreunde schaubar ist).
Die Stopmotion-Technik, perfekt in Szene gesetzt von Tristan Oliver, provoziert so einige Lacher. Die Hundefiguren erinnern an die Kuscheltiere unserer Großeltern, die nie flauschig weich, sondern immer hart und leicht hässlich waren. Auch hier bleibt sich Anderson treu wie ein Hund.
Fazit
Film: Isle of Dogs
Rating:
Sehr Gut (4 von 5)
Es gibt hier Dinge zu kritisieren und Sachen auszudiskutieren, aber das macht Isle of Dogs nicht schlechter. Vielleicht hilft es Wes Anderson sogar, weil man den Film nicht einfach als Wes Anderson Film abtun kann und auch hinter die wunderschöne Front seines neuesten Filmes schauen muss.
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