In einer Familie liebt man sich, außer man hasst sich gerade.
Oscarnominiert, Überraschungshit und Kino von Frauen. Lady Bird ist vieles gleichzeitig. Dabei ist es sehr schwer auszumachen, womit das Soloregiedebüt (mit Joe Swanberg hat sie 2008 Nights and Weekends gemacht) von Greta Gerwig so sehr überzeugt. Vielleicht ist es die Authentizität, vielleicht dieses leicht romantische, in goldenes Licht getauchte, Gefühl, das Lady Bird erzeugt, möglicherweise ist es Gerwigs Stimme, die seit ihrem Auftauchen in Greenberg nicht mehr aus dem amerikanischen Independent Kino wegzudenken ist. Alles in allem ist der 34-Jährigen einfach ein superer Film gelungen, der eine Trendwende in Hollywood einläuten könnte.
Christine “Lady Bird” McPherson (Saoirse Ronan) ist die eine nicht ganz so typische Mitschülerin, die sich nicht im ranzigen Sacramento, sondern viel mehr an der überhypten Ostküste zu Hause fühlt. Dort war sie natürlich noch nicht, aber Lady Bird geht es nicht darum was ist, sondern darum wonach es aussieht. Sie sieht sich als künstlerisch-intellektuell, ihre katholische Highschool ist dafür natürlich der falsche Platz, genauso wie ihr Elternhaus, immerhin ist sie eine der wenigen armen Schülerinnen an der Privatschule. Da findet sie es besser sich in die Villen auf der anderen Seite der Stadt hinein zu fantasieren. Der Rest ist Leben pur.
Authentisch…
Gerwig zeichnet Lady Bird nicht immer sympathisch, dafür ehrlich. Der jugendliche Egoismus trifft hier genauso zu, wie der Drang nach Freundschaft und Romantik. Nachdem Lady Birds Vater seinen Job verliert, geht es ihr nur um die mögliche Finanzierung ihrer New York Träume. Das nimmt man ihr aber gar nicht böse, weil sie es auch nicht böse meint, sondern einfach in dieser Phase ihres Lebens ist.
Man fühlt sich zurückversetzt in eine Zeit, in der man nach einem 30 Minuten Gespräch unsterblich verliebt war, nur um eine Woche später die wirklich wahre Liebe des Lebens gefunden zu haben und danach vielleicht noch einmal. Es ist aber auch die Zeit, in der ein ständiger Konflikt mit dem autoritäreren Elternteil über allem schwebt. Wenn Lady Bird frisch verliebt nach Hause kommt und in einen Streit verstrickt wird, weil sie ihr Gewand nicht zusammengelegt hat, fühlt sich das Kinopublikum genauso ungerecht behandelt.
…bis es weh tut
Am stärksten und ehrlichsten inszeniert Gerwig die Mutter-Tochter Beziehung zwischen Saoirse Ronan und Laurie Metcalf. Zwei Dickköpfe, die einfach nicht anders können. Kaum gefällt Lady Bird ein Kleid findet es ihre Mutter zu rosa, aus einem gemeinsamen Heulen wird ein Streit, der danach schon wieder vergessen ist.
Großes Drama das in kurzer Zeit belanglos erscheint, besser kann man seine Jugendjahre wohl nicht beschreiben. Es ist wohl diese Art von Authentizität, die es den ZuschauerInnen erlaubt sich nicht nur in die Figuren hineinzuversetzen, sondern sich auch in der Welt von Lady Bird zuhause zu fühlen.
Fazit
Film: Lady Bird
Rating
Sehr Gut (4 von 5)
In Lady Bird gelingt es Greta Gerwig das Leben mit 17 so authentisch wie noch nie abzubilden. Großes Drama wird schnell vergessen, die große Liebe noch schneller und eigentlich will man doch nur so sein, wie man es schon so lange vorspielt. Lady Bird ist wie dieser eine Song, der dich immer an den Sommer von damals denken lässt, als das Leben super und furchtbar gleichzeitig war.
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