Mit I, Tonya kommt ein Oscar-gekröntes Biopic in unsere Kinos.
Tonya Harding wird schon als junges Mädchen (Mckenna Grace) von ihrer strengen Mutter (Allison Janney) zur professionellen Eiskunstläuferin gedrillt. Für eine Schulbildung bleibt keine Zeit, denn die schimpfende, rauchende Mutter zerrt Tonya in jeder freien Minute aufs Eis.
Und als die Jahre ins Land ziehen und Tonyas Talente ihr den Weg zur Olympiade eröffnen könnten, spitzt sich die Situation zu. Unter viel Make-Up und einer Zahnspange mimt nun Margot Robbie die Eiskunstläuferin, deren Biographie hier verfilmt wird und ist sympathisch genug, dass man die Lächerlichkeit einer Margot Robbie als Teenagerin fast schon ignorieren könnte. Doch bei dieser Biographie handelt es sich nicht um einen klassischen Sportfilm, der Tonya zur finalen Performance begleitet. Denn die historischen Umstände um Tonya Harding spielen Großteils abseits des Eises.
Skandal!
Neben Tonyas problematischer Mutter-Tochter Beziehung steht auch ihre Beziehung zu Jeff Gillooly (Sebastian Stan) unter keinem guten Stern. Was als Jugendliebe beginnt entwickelt sich in eine grausam mitanzusehende Ehe. Und während sich Tonya rein auf Olympia konzentriert, arbeitet Jeff mit seinem Kumpanen Shawn Eckhardt (Paul Walter Hauser) an einem Plan: Tonyas Konkurrentin Nancy Kerrigan (Caitlin Carver) soll eingeschüchtert werden.
Doch Shawn, der sich für einen kompetenten Gangster hält, geht noch weiter und seine Handlanger zertrümmern die Kniescheibe von Nancy. Der “Eisenstangen-Anschlag” schreibt infamose Sportgeschichte und die Welt will wissen, wie sehr Tonya involviert war.
Etwas mehr Oscar bitte!
Es gibt Oscar-Filme und Oscar-Filme.
Einerseits fährt man in der Kampagne um die goldene Trophäe oftmals gut, wenn ein männlicher weißer Mann eine historische Figur (idealerweise um den Zweiten Weltkrieg herum) verkörpert – siehe Darkest Hour.
Doch in den letzten Jahren prägte sich auch eine andere Form von Oscar-Film heraus, nämlich das “Total Innovative Biopic”. Diese Filme müssen so frisch und abwechslungsreich als möglich wirken und strotzen nur so von kecken Figuren, die sich nichts um gesellschaftliche Erwartungen scheißen.
Und I, Tonya ist fast schon das Bilderbuchbeispiel für diese Art von Oscar-Film. Allison Janneys Performance ist absolut überzeichnet. Sie raucht, schimpft am Eis und lässt sich von niemandem etwas sagen. Sie ist jene Figur, die eindeutig nicht unseren Erwartungen entsprechen soll… nur dass dieser Typ in den letzten Jahren schon so oft vorgekommen ist, dass sich fast schon um eine Karikatur handelt.
Janneys kecke Art provoziert und lockt sicher einiges an Gelächter aus dem Publikum hervor. Doch die dunklen Seiten des Filmes kann das Drehbuch nicht gekonnt aufarbeiten. Extreme häusliche Gewalt passiert, wird fast schon unter den Tisch gekehrt oder zumindest nicht wirklich adäquat behandelt. Gleichzeitig bricht der Film völlig grundlos durch die vierte Wand und Figuren reden während einer Schlägerei mit dem Publikum. Dieses Stilmittel ist weder notwendig, noch gekonnt eingesetzt und wirkt, als würde der Film verzweifelt versuchen “ANDERS!” zu sein.
Doch abgesehen von Stereotypen, die ungeschickt verwendet werden (Kleinganove Shawn ist unfähig und dick und wird permanent beim Essen auf widerliche Art inszeniert), wird auch der zentrale Konflikt aus den Händen von Tonya gerissen. Der komplette dritte Akt degradiert Tonya zur passiven Figur und saugt jegliches Drama aus der Handlung.
Margot Robbie weint und tut was sie kann, aber sie kann nichts gegen das Drehbuch machen.
Fazit (Wolfgang):
Film: I, Tonya
Rating:
“That’s how you win an Oscar!”
I, Tonya hat einige Qualitäten, fällt aber im letzten Drittel komplett auseinander.
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