Alicia Vikander im Dschungelcamp der Schmerzen.
Vor genau 15 Jahren hat Angelina Jolie zum zweiten und letzten Mal als Lara Croft ihren Widersachern das Fürchten gelehrt. Während 2003 Lara Croft: Tomb Raider – The Cradle of Life noch sämtliche Plakate in Platznot geraten ließ, kommen wir im Jahr 2018 mit einem weitaus smootheren Tomb Raider aus. Doch es war wohl weniger der Minimalismus im Titel, der die Macher zu dem Reboot inspirierte als der mittlerweile stark veränderte Ansatz der Computerspielreihe.
Ab den späten Neunzigern ballerte sich eine großbusige Lara Croft mit verdächtig kurzen Hosen durch mysteriöse Welten. Heute ist die Reihe einigermaßen erwachsen geworden, behandelt mittlerweile auch düstere Themen wie seelische Traumata und Vergewaltigungen. Da ist für eine Filmwelt, die schon vor der #metoo-Bewegung einen langsamen Wandel bezüglich seiner Frauenrollen durchlief, in der Theorie viel passendes dabei.
Ein bisschen Nostalgie bitte
Und tatsächlich outet sich Tomb Raider als Fan der erwachsenen Seiten seiner Vorlage. Die Story ist dennoch recht simpel und gewissermaßen altmodisch gehalten. Lara Croft (Alicia Vikander), ihrerseits eine äußerst sportliche junge Frau, sucht gewissermaßen noch ihren Platz im Leben, auch weil sie immer noch ihrem vor sieben Jahren verschwundenen Abenteurer-Papa (in Rückblenden: Dominic West) nachtrauert. Als sie Unterlagen seiner Forschungen findet, macht sie sich auf dem Weg zu einer sagenumwobenen, gefährlichen Insel.
Als Kinoveteran der Nuller Jahre hat man da fast schon mit ein wenig Melancholie zu kämpfen. Jene Zeit, in der nicht jeder zweite austauschbare Blockbuster einen Comichelden als Hauptfigur hatte, muss man keineswegs glorifizieren, aber ein bisschen vermissen darf man sie schon. Auch der zutiefst unschuldige Vibe, der dem Film vor allem im ersten Akt innewohnt, erinnert an alte Tage und ironischerweise vor allem an Sam Raimis Spider-Man Verfilmungen, die den Siegeszug der Comicfilme entscheidend vorangetrieben haben.
Aber bei aller wohlwollender Nostalgie, muss der Film auch rein objektiv seine Reize haben und da bietet Tomb Raider leider erschreckend wenig. Es mutet fast schon bizarr an, dass man ausgerechnet die oft kritisierten Schwächen der neueren Einträge der Spielreihe übernimmt. Da wie dort gibt es emotional gewichtige Momente, die durch stumpfsinniges Abschlachten von Gegnern wieder entkräftet werden. Gerade noch schreit sich Vikander die ganze Verzweiflung über ihren ersten Mord aus der Seele, doch nur Sekunden später wird sie von einer anderen Plotline abgelenkt. Und nur wenige Minuten danach stellt das stilsichere Töten mit Pfeil und Bogen keine moralische Hürde mehr dar. In der Theorie wäre eben das vielleicht sogar eine valide Message, tatsächlich aber scheint es mehr erzählerische Fahrlässigkeit zu sein.
Nicht gut, nicht schlecht
Diese Widersprüche führen auch dazu, dass man dem Film seine Härte nie wirklich abnimmt. Als jemand, der auch mal Schläge einstecken kann, wird Croft schon in ihrer ersten Szene etabliert, wenn sie beim Kickboxen einige Volltreffer abbekommt. Ist die Abenteurerin erstmal auf der gefährlichen Insel angekommen, kommt es erst so richtig dicke. Da wird man geschlagen, stürzt Abhänge hinunter und zieht sich Fleischwunden zu, dass DiCaprios Tour de Force in The Revenant im Vergleich wie ein Ausflug ins Disneyland wirkt. Lara Croft ist im Dschungelcamp der Schmerzen gelandet und doch fehlt da der entscheidende Konnex zum Publikum. Immerhin ist das meiste Geschehen angenehm von Geschlechterklischees befreit, aber der Funke springt nicht über.
Wenigstens lässt der Film die ganz großen Schnitzer aus. Der Bösewicht (Walton Goggins) hat zwar keine sehr originelle Motivation, aber es kann eben nicht jeder Blockbuster einen Killmonger haben. Vielleicht machen auch einige Details ein bisschen gar wenig Sinn, aber immerhin ist es ja ganz nett wie die Schluss-Action ein gewisses Computerspiel-Feeling aufkommen lässt. Und dass eben dieser dritte Akt – nach einer davor dramatisch inszenierten Entscheidung von Croft – eigentlich genau gar keinen Unterschied macht, fällt einem eh erst in der Nachbetrachtung auf. Kurz gesagt: Tomb Raider wird niemanden aufregen. Das könnte aber auch daran liegen, dass sich schon bald keiner mehr an diesen Film erinnert.
Fazit (Michael):
Lauwarm (2 von 5)
Tomb Raider erzählt ohne viel Aufregung oder Kreativität seine Geschichte herunter. Das ist weder aufregend schlecht, noch aufregend gut. Tomb Raider ist einfach da.
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