Wer für Air Force One keinen Oscar kriegt, muss halt Winston Churchill spielen.
Zweiter Weltkrieg, wir schreiben die Zeit nach The King’s Speech, unmittelbar vor/während Dunkirk. England ist im Krieg mit Nazi-Deutschland und der Krieg scheint aussichtslos. Die regierende Conservative Party in London ist nach dem Rücktritt des Premierministers unter Druck der Opposition. Und entgegen der internen Parteiwünsche wird Winston Churchill (Gary Oldman) zum Nachfolger ernannt.
Churchill steht nun vor der Wahl: führt er ein gespaltenes Land zusammen oder tritt er in Friedensgespräche mit Nazi-Deutschland ein?
Frieden ist keine Option
Für den kontroversen Politiker stellt sich diese Wahl jedoch nicht. „Mit einem Tiger kann man nicht verhandeln, wenn man den Kopf schon in dessen Maul hat“, ist Churchills Devise. Damit macht er sich in der eigenen Partei freilich keine Freunde, will doch Lord Halifax (Stephen Dillane) und der Großteil der Partei einen Friedenspakt mit den Deutschen schließen. Und auch beim König George VI (Ben Mendelsohn) steht der kontroverse Politiker nicht wirklich gut.
All das ist an sich eine recht spannende moralische Frage. Besonders im Kontrast mit den Gräueln des Nationalsozialismus ist die Frage nach Friedensverhandlungen mit einem solchen Regime eine interessante Diskussion, denn wir wissen, dass es nicht auf eine friedliche Lösung hinauslaufen wird.
Ich sag „Acting!“, ihr sagt „OSCAR!“
Es gibt einfach eine gewisse Schublade für Oscar-Filme und Darkest Hour von Joe Wright (Atonement, Anna Karenina) passt da ganz komfortabel hinein, ohne wirklich anzuecken.
- Biopic? Check!
- 2. Weltkrieg? Check!
- Britischer Adel? Check!
- Schauspiel in viel zu viel Make-Up? Check!
- Inspirierende Rede am Schluss? Check!
Wenn man Darkest Hour im Double Feature mit The King’s Speech schaut könnte man fast meinen, die Nazis wurden rein durch die Reden zweier großer Briten besiegt. Im Vergleich zum unverdienten Oscarsieger The King’s Speech mangelt es aber bei Darkest Hour vorne und hinten an grundlegenden Elementen. So verlaufen Handlungsstränge von Drehbuchautor Anthony McCarthen (Die Entdeckung der Unendlichkeit) im Nichts, Figuren wirken deplatziert und die Oscar-Momente sind selbst für diesen Standard unglaubwürdig.
Wenn Winston Churchill mit der U-Bahn fährt, um das britische Volk zu fragen, ob er aufgeben soll (mehr dazu im aktuellen Podcast), dann kann man nicht mehr von künstlerischer Freiheit sprechen, sondern kommt aus dem Lachen nicht mehr raus.
Und wenn man am Ende des Filmes die gleiche Rede hört, die auch Christopher Nolans Dunkirk beendet hat, respektiert man Nolans (im Vergleich) distanzierten Zugang zum britischen Patriotismus.
Fazit (Wolfgang):
Film: Darkest Hour
Rating:
I say: “ACTING!”,
you say: “OSCAR!”
Gary Oldman ist natürlich ein sehr guter Schauspieler und hat gute Chancen endlich Oscar-Anerkennung zu bekommen. An den Film für den er ihn gewinnen könnte, wird sich aber niemand mehr erinnern.
Schreibe den ersten Kommentar