Ein feuchter Traum von einem Film: Denis Villeneuve versucht sich an einer Fortsetzung des Klassikers Blade Runner. Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen, vor allem dank der Kamera von Roger Deakins.
Das Original ist gefloppt, hat gerade einmal um die 30 Millionen Dollar eingenommen und trotzdem sind die Erwartungen so hoch, das 150 – 185 Millionen Dollar in die Fortsetzung investiert wurden. Vermutlich, weil sich Blade Runner im Laufe der Jahre zum Kult und schlussendlich zum Klassiker entwickelt hat. Ridley Scott ließ Harrison Fords Deckard in einer Neo-Noir-Punk Welt Androiden, sogenannte Replikanten, jagen. Die Welt bestand aus Regen, Schatten und Neonzeichen, eine Gruppe rebellierender Replikanten musste mit der eigenen Vergänglichkeit zurechtkommen und Deckard musste sie finden.
30 Jahre später ist alles anders. Officer K (Ryan Gosling) ist auf der Suche nach den letzten Versionen einer alten – und dank eines Blackouts, das alle Aufzeichnungen zerstörte – mysteriösen Androidengeneration. Entdeckungen, die das Zusammenleben von Replikanten und Menschen für immer verändern würden, bringen nun die Handlung ins Rollen, in der K dann auch mit Deckard (Harrison Ford) zusammentrifft. Mehr von der Handlung zu erzählen, wäre wohl ein Spoiler und das ist etwas, was mit aller Kraft verhindert werden sollte.
Würdig? Ja und Nein
Blade Runner 2049 hat jetzt die Aufgabe der würdige Nachfolger des Originals zu werden. Mit Denis Villeneuve hätten sie sich auch keinen besseren Regisseur aussuchen können, denn seine Filme gehören jedes Jahr zu den besten, vielschichtigsten und spannendsten Werken. Blade Runner 2049 muss also nicht nur mit seinem Vorgänger, sondern auch mit Meisterwerken wie Arrival oder Sicario mithalten können. Hier liegt auch eines der Probleme begraben. Es ist kein Arrival, aber es ist eine verdammt gute Fortsetzung zu Blade Runner.
Villeneuve tappt dabei nicht in die Falle, den so viele Neuauflagen und Filme in den 80ern machen. Er pimpt nicht nur die Kostüme, macht alles noch eine Spur greller und stylischer und meint, das reicht. Er baut die Welt im nuklearverseuchten Los Angeles (und Las Vegas) weiter aus, macht sie dreidimensionaler, ohne dabei Dinge erklären zu wollen, die nicht zu erklären sind. Anspielungen an das Original sind da (z.B. der Pleasure Replikant in den 80er Klamotten), stören aber selten. Nur bei dem wohl nötigen Product Placement verdreht man etwas die Augen. Mich interessiert nicht, ob Ks fliegendes Auto von Peugeot ist. Dafür gibt Villeneuve bei der Optik seinen eigenen Spin. Die Nacht weicht einem wolkenbedeckten Himmel, der Regen wird zum orangefarbenen Wüstensturm.
Villeneuve ist es gelungen den Geist des Originals einzufangen, auch wenn er dafür Opfer bringen muss. Das Tempo des Originals wurde übernommen, man geht jeden Schritt mit K mit, auch wenn das heißt, dass eine Szene nicht eine sondern fünf Minuten dauert. Das erklärt dann auch die Laufzeit von 163 Minuten, die zwar atmosphärisch vollgepackt, aber von der Handlung nicht gerechtfertigt sind.
Bilder fürs Museum
Doch Blade Runner 2049 lebt nicht (nur) von der Handlung, sondern von den Fragen, die er aufwirft und den tollen Bildern. Deakins, der Mann hinter den schönsten Bildern der Filmgeschichte, inszeniert jede einzelne Szene, wie ein Bild in einem Museum. Es war unglaublich schwierig Bilder für diesen Artikel auszusuchen, weil alle so schön sind. Wir bekommen diese Bilder, er bekommt endlich seinen Oscar, das ist ein guter Tausch.
Zurück zu den Fragen, die Blade Runner 2049 stellt. Sie führen das Original weiter und setzen es in unsere Zeit. Was ja an sich gut ist, nur, dass man auf einmal während einer Liebesszene an Spike Jonzes Her erinnert wird. Über das Frauenbild in dieser Liebesszene müssen andere, tiefer im Feminismus verankerte Menschen entscheiden, da steig ich aus, nur so viel: das Gefühl war ein mulmiges. Magdalena Miedl verglich die Frauenfiguren des Films mit den weiblichen Hologrammen im Film: da aber gleichzeitig nicht da. Stimmt.
Ob der Film ein Erfolg wird, steht in den Sternen. Die Kritiker lieben ihn, die Prognosen für das erste Wochenende sind sehr gut, aber darüber hinaus steht es wohl in den Sternen. Blade Runner 2049 ist ein altmodischer Film, ein träges Tempo ohne viel Action. Und wie das Original aus 1982 ist er nicht gleich zugänglich. Blade Runner hat mich beim ersten Mal kalt gelassen und erst ein zweiter Anlauf vor einigen Jahren hat mich überzeugt. Villeneuves Film hat mich zwar nicht kaltgelassen, um mich richtig zu überzeugen, bräuchte ich aber wohl noch einen zweiten Versuch.
Fazit (Patrick)
Film: Blade Runner 2049
Rating
Sehr Gut (4 von 5)
Die Aufgabe war denkbar schwer, aber Regisseur Denis Villeneuve hat einen Film gemacht, der sich vor seiner Vorlage nicht verstecken muss. Die schöne Zerstörung, perfekt eingefangen von Kameramann Deakins, macht Blade Runner 2049 vielleicht nicht zum besten, bestimmt aber zum schönsten Film des Jahres.
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