Es ist der zurzeit teuerste europäische Film, der je produziert wurde: Valerian – Die Stadt der tausend Planeten wurde nicht einfach so aus dem Boden gestampft. Nein, wir haben es hier mit Regisseur Luc Bessons Herzensprojekt zu tun.
Und warum dem Franzosen diese Comic-Verfilmung so am Herzen lag ist nicht nur verständlich, sondern sicherlich für jede und jeden von uns nachvollziehber: Ehrliches Fandom. Als Kind machte ihn sein Vater mit den französischen Comics Valérian et Laureline bekannt und schon war es um Besson geschehen: Die zwei Figuren wurden seine Helden und in Agentin Laureline verliebte er sich auch ein bisschen.
Als er vor 20 Jahren Das fünfte Element drehen wollte, heuerte er Jean-Claude Mézières, einen der Zeichner von Valérian et Laureline an, um für seinen Film das perfekte Art-Departement zu haben, wie er im Interview mit der Aargauer Zeitung betont. Und als dieser ihn damit aufzog, er möge doch Valérian et Laureline verfilmen, fing in Besson die Idee zu keimen an.
Und nun können sich die ZuseherInnen von Valerian – Die Stadt der tausend Planeten im Kino begeistern lassen, so wie es sich der kleine Luc Besson sicherlich getan hätte. In dieser Folge von Valérian et Laureline müssen der Weltraumagent Valerian (Dane DeHaan) und seine Kollegin Laureline (Cara Delevingne) sich zwischen ihren Pflichten als Angestellte der Erdenregierung und ihre Kant’schen Pflichten als empathische Menschen entscheiden. Dabei besuchen sie die namensgebende Stadt der tausend Planeten, bei der es sich eigentlich um eine Art Raumschiffkollektiv handelt, auf der zig verschiedene Alien-Spezies versammelt sind (inklusive Menschen, natürlich), die sich vom gemeinsamen Wissenspool nähren.
Agenten Valerian & Laureline melden sich zum Dienst.
Der Plot ist hier gewollt extrem vage gehalten, schließlich lebt die Story von Aufdeckungen und Wendungen. Ok, so twisty Twists darf man nicht erwarten, also wo einem fast die Augen aus den Höhlen schießen, weil man sein Leben nicht mehr packt. Es verhält sich vielmehr wie ein klassischer Krimi- oder Agentenfilm (oder CSI), wo man sich schon denken kann, was passieren wird, aber im Film ein angenehmes Level an Mystery gehalten wird.
Weniger mysteriös, sondern ziemlich In-Your-Face verhält es sich mit sonst allem in diesem Film. Damit meine ich das Design, die Musik, das Schauspiel – einfach alles ist bunt, grell, exzessiv und voller Lebensfreude. Es ist ein ansteckender Frohmut in diesem Streifen, der dir ein Lächeln ins Gesicht zaubert, weil du dich einfach freust, wie bunt und turbulent alles ist. Und da möchte ich gleich mal einen kühnen Vergleich anstellen: Dieses Lächeln trennt für mich Guardians of the Galaxy von Valerian – Die Stadt der tausend Planeten.
Wir wissen es alle, Guardians ist selbstironisch as fuck. Tatsächlich hat man das Gefühl, das hinter jeder Szene, die ungewöhnlich oder turbulent ist, ein selbstironisches Kommentar lauert, das ehrliche Freude im Keim erstickt. Lasst es mich so sagen: Es ist wie an einem prototypischen Schulhof. Du willst dazugehören, am besten zu den coolen Hipsterkids, die immer so unbeteiligt wirken. Und siehe da, plötzlich gehörst du so ein bisschen dazu, du darfst bei ihnen rumstehen und mit ihnen abhängen. Nach außen gibst du dir irrsinnige Mühe nicht das Falsche zu sagen. Denn die haben diese fürchterliche Angewohnheit alles ironisch zu nehmen, was bedeutet, dass du nie weißt, ob ihr Lachen echtes Amüsement ist, oder ein selbstironisches Ablachen, weil man ja so sehr über allem steht. Bei nichts kannst du dir sicher sein, ob sie es ernst meinen oder nicht. Sei mal ehrlich, kannst du in so einer Situation jemals wirklich du selbst sein? Zu deinen eigenen Vorlieben stehen, ohne vor dem Judgement der anderen Angst haben zu müssen? No, Sir.
Weltraumabenteuer mit ehrlichem Spaß.
So ist Guardians für mich. Es ist ein Weltraumabenteuer mit Aliens und cooler Mucke, genau wie Valerian, aber eben ohne ehrliches Vergnügen. Hingegen wird in Valerian Individualismus gefeiert und zwar ohne Hintergedanken. Die ganze Stadt der tausend Planeten ist ja auch eine verdammte Metapher dafür, wie toll alle miteinander auskommen könnten, wenn man sich gegenseitig wirklich und wahrhaftig akzeptiert.
Und bevor ihr mich darauf aufmerksam macht, dass auch Valerian und Laureline ziemlich flotte Sprüche auf Lager haben; auch selbstironische sind dabei; ja, das habe ich bemerkt. Aber ihre Taten und wie sie sich anderen Spezies gegenüber verhalten sprechen für mich mehr als tausend Worte. Allein die Szene im Rotlichtmilieu des Planeten macht eindeutig klar, dass hier Kollegialität vorherrscht. Alles in allem ist die Szene sowieso genial: Laureline wird von einem ganz besonderem Alien-Völkchen gefangen genommen und Valerian tut sich mit Bubble (Rihanna) zusammen um sie zu retten.
Die Aliens, die Laureline in ihrer Gewalt haben, kommen nicht als die hellsten rüber, trotzdem mokiert sich Besson nur minimal über ihre Eigenarten und zeigt eigentlich ziemlich neutral, dass diese Wesen halt so sind wie sie sind. Das ist etwas, dass auch in Das fünfte Element schon zu sehen war. Man nehme die Szenen mit dem Showmaster Ruby Rhod (Chris Tucker) gegen Ende des Filmes. Ruby Rhod ist schwarz, schaut aus wie Sänger Prince als Draq Queen und kreischt non-stop in sein Mikro – und trotzdem ist er der allerschärfste Moderator, den die Welt zu bieten hat. Weder wird das von den anderen Protagonisten angezweifelt, noch können sich die wenigsten seinem sexuellen Charme entziehen.
Alle sind, wie sie nun mal sind.
“You do you” scheint das allgegenwärtige Motto Bessons zu sein. Er glaubt daran, dass übertriebene Schauspielerei ein erzählerisches Mittel sein kann. Er glaubt daran, dass jedes visuelle Detail liebevoll durchdacht sein muss und, dass Mehr mehr ist. Und er glaubt daran, dass er einen guten Film gemacht hat. Einen Film, der ihm so gefällt wie er ist.
Dabei ist Valerian – Die Stadt der tausend Planeten natürlich nicht fehlerfrei. Plattitüden im Plot und vor allem in den Kampfszenen schleichen sich ein und auch die Dynamik zwischen Valerian und Laureline hätte ein wenig origineller sein können. Dieser Film ist keine Sci-Fi-Abhandlung à la Asimov, er ist aber eine vergnügter Blick in eine Zukunft, wo gegenseitiger Respekt siegt. Valerian ist Das fünfte Element unserer Zeit, mit dem Herz am rechten Fleck.
Fazit (Anne-Marie):
Film: Valerian – Die Stadt der tausend Planeten
Rating:
Sehr Gut (4 von 5)
Es ist bunt, es ist schnell, es ist ein Spektakel: Valerian – Die Stadt der tausend Planeten beschert einen herrlichen Sci-Fi-Kinospaß, nach dem man mit einem Lächeln auf den Lippen hinausgeht. Trotz ähnlicher Prämisse (SuperheldInnen) erfrischendes Kontrastprogramm zu Marvel & Co.
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