Ein Coppola eben.
Trotz ihres imposanten Nachnamens bleibt Sofia Coppola zumindest beim Kinopublikum eine Regisseurin, die gewissermaßen schwer zu vermitteln ist. Ihre Filme sind oft allzu zugänglich, um dem leicht versnobten Anspruch so manchen Festivalbesuchers gerecht zu werden, während das sie für die breite Masse nicht offensichtlich genug sind. Dabei wären ihre Filme beileibe keine große Herausforderung, sondern fallen viel mehr in die “Unterhaltung mit dem Angebot auf mehr”-Bereich. Inwiefern es tatsächlich tiefere Ebenen zu ergründen gibt, ist freilich ein Streitpunkt. War sich die Welt bei Lost in Translation noch halbwegs einig, spaltete Somewhere (aka der langweilige Film über Langeweile) entschieden das Publikum. Und der groß beworbene The Bling Ring wird ob des Fehlens fundierter Aussagen wohl nur durch Emma Watson’s Overacting-Debakel in Erinnerung bleiben.
Nun also kommt The Beguiled, die Verfilmung des gleichnamigen Romans (1966) von Thomas P. Cullinan. Mitten im Bürgerkrieg landet der verwundete Soldat McBurney (Colin Farrell) in einer Mädchen-Schule unter der Leitung von Miss Martha (Nicole Kidman). Die seltene Anwesenheit eines Mannes sorgt im sonst so ruhigen Haus der sieben Damen und Mädchen für sexuell aufgeladene Aufregung. Die Flirts des Corporals mit Martha, Edwina (Kirsten Dunst) und Alicia (Elle Fanning) entwickeln schon bald eine gefährliche Eigendynamik.
Substanz, mein Freund, wo bleibst du nur?
Trotz des historischen Settings gelingt dem Film leicht eine Symbol-Ebene mit Gegenwartsbezug. Das Zusammenspiel aus den neugierigen Frauen und dem berechnenden Mann durchwandert elegant verschiedene Phasen. Mit verwundeten Bein ist er zunächst in der unterlegenen Rolle, ehe ihm seine Genesung immer mehr Macht verleiht. Es ist aber wohl nicht als ausschließliche Geschlechter-Allegorie zu verstehen, sondern auch als allgemeine Abhandlung über das Zusammenführen unbekannter Gesellschaftselemente.
Dennoch ist es wieder ein typischer Sofia Coppola, von dem trotz einer starken Schlusseinstellung einfach verblüffend wenig überbleibt. Zwar ist die Mischung aus Thriller, Drama und schwarzen Humor relativ gelungen, gleichzeitig fühlt sie sich jedoch seltsam seicht und irrelevant an. Über die Laufzeit hinweg stört das zum Glück nur bedingt, immerhin ist auch The Beguiled durchgehend recht unterhaltsam.
Dafür sorgt nicht zuletzt ein absolut hervorragendes Ensemble. Nicole Kidman beweist einmal mehr, warum sie als eine der besten Schauspielerinnen aller Zeiten in die Geschichte eingehen wird. Elle Fannings Talent ist so talentiert, dass es schon fast zum Klischee werden droht und Colin Farrell balanciert höchst amüsant zwischen Schelm und Ehrenmann. Womöglich noch über sie alle ist hier aber Kirsten Dunst zu stellen, deren facettenreiches Spiel einen regelmäßig dazu verführt (pun intended), in diesem Film doch noch mehr Substanz zu suchen.
Fazit (Michael):
Film: Die Verführten
(en: The Beguiled)
Rating:
Empfehlenswert (3 von 5)
The Beguiled ist ein unterhaltsamer Seiltanz zwischen Thriller und schwarzer Komödie, der immer mal wieder mit tieferen Ideen flirtet. Der Film reiht sich aber auch deswegen nahtlos in Coppolas Filmographie ein, weil ihm am Ende die Substanz abhanden kommt.
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