Ghettobäm, oida!
Eigentlich sind sie vollständig integrierte Wiener mit Migrationshintergrund. Aber als das Geld knapp wird beschließen Benny (Faris Rahoma) und Marko (Aleksandar Petrovic) sich für eine Realityshow als Gangster auszugeben. Und schnell sind ihre Persona Omar und Tito der absolute Renner. Die Gangster aus dem Wiener Rudolfsgrund geben den Leuten, was sie sehen wollen. Was am Anfang noch Spaß macht, wird aber leider schnell bitterer Ernst und fließend wechselt Arman T. Riahis Film von Komödie zu Gesellschaftskritik.
Wie man hineinruft…
Aktueller könnte ein österreichischer Film kaum sein. Die Migrantigen thematisiert auf unterhaltsame Weise die Stigmatisierung von Personen mit Migrationshintergrund. Gleichzeitig wird die Verantwortung der Medien im Aufheizen der Emotionen thematisiert und außerdem wird gezeigt, wie internalisierte Unterdrückung (also das hineinzwingen in gesellschaftliche Rollenbilder) funktioniert.
Und das Schöne ist, dass dieser Absatz zwar wichtig klingt, der Film selbst diese Konzepte aber locker leicht inszeniert ohne zu stark mit der belehrenden Keule auf das Publikum einzudreschen.
Mit genug Humor und scharfer Satire suchen sich Benny und Marko den in Österreich geborenen Türken Juwel (Mehmet Ali Salmans), der ihnen Eindrücke vom Rudolfsgrund verschaffen soll. Dass Juwel den beiden offensichtlichen Schwachsinn erzählt, checkt das Publikum, aber an Benny und Marko geht das spurlos vorbei. Und so rattern sie freudig vor der Kamera die stereotypischen Geschichten herunter, die im Fernsehen zum absoluten Renner werden.
Alle sind begeistert… außer die Menschen, deren Leben hier aufs Schlimmste verzerrt wird.
Holpriger Start
Der Start ist nicht ganz so perfekt für Die Migrantigen, denn in den ersten Minuten muss der Film noch sichtlich seine Stimme finden. Besonders im Schnitt gibt es hier einige verwirrende Momente, wenn Szenen plötzlich enden, der Ort abrupt gewechselt wird oder Handlungen plötzlich abbrechen. Hier ist man sich nicht sicher, ob dieser Effekt beabsichtigt oder aufgrund der Produktion nicht anders möglich war.
Leider ist auch die schauspielerische Leistung nicht komplett ausgewogen und oftmals wirken dramatische Szenen ein wenig unbeholfen. Dies macht Die Migrantigen jedoch wieder wett durch Performances, die mehr und mehr an Tiefe gewinnen. Besonders Mehmet Ali Salman muss hier gelobt werden, der der Rolle des Juwel die richtige Mischung aus Sympathie und Bedrohlichkeit verleiht.
Starker Schluss
Wo viele Komödien straucheln brilliert Die Migrantigen. Denn so lustig der Film auch ist, am Ende muss ein dramatischer Moment kommen, der die Geschehnisse für das Finale vorbereitet. Und oftmals ist das Publikum absolut desinteressiert am Drama, da es nur für die Lacher in den Kinosaal gekommen ist. Diese dramatische Wende stellt für einen Großteil der Komödien den Punkt dar, an dem der Film zerbricht, aber genau hier funktioniert Die Migrantigen am besten.
Da die Gesellschaftskritik von Anfang an spürbar ist, ist auch die Eskalation eine logische Entwicklung der Handlung. Hier ist das Drama keine Ablenkung sondern eine Notwendigkeit für die Entwicklung der Figuren. Und auch bei diesen beweist das Drehbuch von Aleksandar Petrovic, Faris Rahoma und Arman T. Riahi eine Menge Mut. Denn die beiden Protagonisten handeln mehr als nur moralisch fragwürdig und werden auch dafür zur Verantwortung gezogen.
Es ist eine absolute Seltenheit, dass Komödien die Figuren derart bewusst schlechte Entscheidungen treffen lässt und das ist wohl auch der Grund, warum das Finale des Films weitaus besser funktioniert als der Anfang.
Fazit (Wolfgang):
Film: Die Migrantigen
Rating:
Mit Die Migrantigen bringt Regisseur Arman T. Riahi eine mehr als aktuelle Komödie in die Kinos, die den Spagat zwischen Drama und Spaß mit Bravour meistert.
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