The Birth of a Nation

Die Welt ist ein Loser, aber ich weiß trotzdem nicht was ich davon halten soll.

Es gibt Themen, da kann man gefühlt nur Schaden anrichten, wenn man den Mund aufmacht. The Birth of a Nation, das Regiedebüt von Nate Parker, ist ein absolutes Paradebeispiel. Der Film, dessen Titel sicher nicht zufällig an das filmtechnisch revolutionäre, aber zutiefst rassistische Machwerk von D.W. Griffith aus 1915 erinnert, stellt – vorsichtig ausgedrückt – gewagte Thesen in den Raum.

Im Zentrum des Geschehens steht Nat Turner (Nate Parker), seines Zeichens afroamerikanischer Sklave, der in Samuel Turner (Armie Hammer) einen vergleichsweise gnädigen Hausherren hat. Da er – für einen Afro-Amerikaner zu dieser Zeit unüblich – lesen kann, wird Nat zum Priester und soll als solcher anderen Sklaven ihren Glauben und in weiterer Folge deren Arbeitswillen zurückgeben. Was er bei seiner Arbeit zu sehen bekommt, lässt Nat allerdings zunehmend an der Gerechtigkeit Gottes zweifeln, eigenes Handeln wird immer stärker zur Option. Was danach passiert ist Spoilergebiet, steht aber auch auf Wikipedia, denn das Ganze basiert auf einer wahren Geschichte.

Find ich das okay? Keine Ahnung.

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(c) ABC-Films

The Birth of a Nation kommt eigentlich mit einer denkbar primitiven Struktur daher. Gut eineinhalb Stunden werden uns unglaubliche Ungerechtigkeiten gezeigt, mit denen die moralisch fragwürdige Entwicklung der letzten 30 Minuten gerechtfertigt werden soll. Wie dabei an Absurdität grenzende Grausamkeiten aneinander gereiht werden, wäre eigentlich ein gefundenes Fressen für den Zyniker – wäre es eben nicht tatsächlich geschehen. Der reale Hintergrund macht die moralische Bewertung am Ende aber nicht unbedingt einfacher, zudem die Filmemacher überdeutlich Stellung beziehen.

Nach einem ersten Gefühl würde ich sagen, Nate Parker hätte sich die Botschaft, die er uns am Ende mitgibt, vielleicht noch ein paar Mal durch den Kopf gehen lassen sollen. Andererseits muss man bei einer derartigen Einschätzung hinterfragen, ob man sich dem Ausmaß des Sklaven-Missbrauchs zur damaligen Zeit wirklich bewusst ist. Und aus Mitteleuropa heraus die amerikanische Rassismus-Debatte zu beurteilen, ist ohnehin immer eine gefährliche Ferndiagnose. Klar wird in der Nachbetrachtung eigentlich nur, dass die Welt irgendwie ein großer Loser ist. Wenn man sich knapp zweihundert Jahre nach einem historischen Ereignis über jede Wortwahl zu dem Thema Gedanken machen muss, ist in der Verarbeitung etwas schief gelaufen.

Die Debatte, die The Birth of a Nation fast unweigerlich nach sich zieht, macht eine nüchterne Betrachtung des Films fast unmöglich. Dennoch ist die Bildsprache als klare Stärke zu identifizieren. Auch wenn man sich bei mancher Grausamkeit fragen muss, inwiefern unsere Erschütterung noch gesteigert werden sollte, geht das Konzept im Prinzip auf. Trotz aller moralischer Fragwürdigkeit tut sich der Zuseher schwer, am Ende nicht gepackt zu sein. Auf der Drehbuch-Ebene hätte dem Film die ein oder andere Überarbeitung hingegen ganz gut getan. Abgesehen von ihrem Leid bleiben die Figuren weitestgehend undefiniert, vor allem eine zentrale Liebesgeschichte bleibt auffällig flach. Dass die Protagonisten gegen Ende verschiedene Haltungen einnehmen, fühlt sich mehr wie das Resultat einer Konstruktion an als wie eine aufrichtige Charakterentscheidung.

Fazit (Michael):

Film: The Birth of a Nation
Rating:

Lauwarm (2 von 5)

The Birth of a Nation macht seine Drehbuch-Schwächen eigentlich durch eine kraftvolle Inszenierung wieder wett. Die diskutable moralische Haltung des Filmes scheint eine seriöse Nachbesprechung aber ohnehin unmöglich zu machen – vor allem mit dem europäischen Fernrohr.

Michael Verfasst von:

Autor, Editor, Public Relations Michael ist der Arthouse Hipster des Teams, dessen Korrektheit und ruhige Art dafür sorgen, dass die Diskussionen immer fair bleiben und Beleidigungen nur zulässt, wenn sie mit Fakten belegt werden können.

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