Bum Zack, in die Goschn!
Es soll ja Eltern geben, die auf einen gepflegten Medienkonsum ihrer Kinder besonders Acht geben. So wurden mir etwa schon Geschichten von unglücklichen Halbstarken zugetragen, die einst ein Pokémon-Verbot bekamen, da das muntere Monster-Geprügel Aggressionen fördern würde. Ob das stimmt? Schon möglich. Vorsichtige Erziehungsberechtigte sollten sich jedenfalls von der Harmlosigkeit so mancher Kinderfilmplakate nicht blenden lassen. Zumindest in Die Schlümpfe 3 – Das verlorene Dorf wird trotz des friedlichen Vermarktungskonzepts gekämpft, gehauen und geschrien was das Zeug hält.
Gagamel, der böse Zauberer mit dem jüdischen Namen und der großen Nase, muss zahlreiche schmerzhafte Hoppalas und Stürze einstecken. Aber auch den Schlümpfen selbst geht es gelegentlich an den Kragen. Immerhin gibt es ein kleines Waldstück voll gefährlicher Pflanzen, die einfach mal grundlos auf die Protagonisten einschlagen. Selbst zwischen den kleinen blauen Helden selbst geht es mitunter wenig freundschaftlich her. Weil der oberkluge Schlaumi beim ersten Betreten einer neu erkundeten Höhle einen smarten Spruch von sich gibt, bekommt er einfach mal eine Liane ins Gesicht geschmettert – Bum Zack, in die Goschn! Warum? Na weil er der Streberschlumpf ist und Streber sind blöd. Und spätestens als Gagamel für einen Zaubertrank “ein Stück Käse, das seit Wochen in seiner Poritze vor sich hinschimmelt” verwendet, kommt die traurige Wahrheit ans Licht: Die Drehbuchautoren haben ein Aggressionsproblem.
Grauslich, gemein, blöd
Wenn ich an den neuen Schlümpfe-Film denke, fällt mir daher vor allem ein Wort ein: widerwärtig. Wer es Schwarz auf Weiß haben möchte: Die Schlümpfe 3 – Das verlorene Dorf ist ein widerwärtiger Film. Grauslich. Gemein. Aggressiv. Böse. So richtig schlecht ist er aber überraschenderweise dennoch nicht. Die Grundprämisse schickt Schlumpfine in eine kleine Identitätskrise, da sie sich anders als ihre schlumpfigen Freunde keiner Charaktereigenschaft exklusiv zuordnen lässt. Während bei Schlaumi Schlumpf oder Clumsy Schlumpf die gewünschte Stereotypisierung schnell zur Hand ist, stellt sich für sie die schwierige Frage: Was ist eine “Ine”?
Die Aussage am Ende ist zwar schon wenige Minuten nach Beginn leicht vorherzusehen, bringt aber dennoch eine längst notwendige Überarbeitung des eigenartigen Schubladendenkens im Schlümpfedorf. Außerdem lässt sich der Film zu einer sehr simplen, aber funktionierenden feministischen Botschaft hinreißen. Das ist gar nicht so unsignifikant, wenn man bedenkt, dass die Schlümpfe Kinder beiden Geschlechts ansprechen möchte. Und am Ende gibt es immerhin eine Szene, die unter die Haut gehen möchte und das dank kreativ unangenehmer Darstellung sogar ganz gut hinbekommt.
Selbst das würde wohl kaum zu einer Empfehlung reichen, dank der Aggressivität braucht man über derartige Ehren aber ohnehin keine Sekunde lang nachdenken. Denn wenn man erstmal seinen Frieden mit diesem Film gefunden hat, schlägt Gagamel seinen treuen Vogel und hält ihm auch noch den Schnabel zu, damit er sich schneller fortbewegt. Und dann zeigen die Schlümpfe einmal eine Spur von Menschlichkeit, von Empathie, nur um dafür brutal bestraft zu werden. Und dann wird der Kater von Gagamel durch die Luft geschleudert. Und dann…
Fazit:
Film: Die Schlümpfe 3 – Das verlorene Dorf
Rating:
Lauwarm (2 von 5)
Das verlorene Dorf bietet eigentlich eine halbwegs vernünftige Überarbeitung der schmlumpfigen Schubladenlogik und hat sogar einen Feminismus, der ganz gut funktioniert. Diese ordentlichen Ansätze sind aber unter einer schier unglaublichen Gewaltorgie vergraben.
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