Bibi und die Flüchtlingskrise
Eine erfrischende Kinder/Jugendfilm-Franchise, ausgerechnet aus Deutschland? Vor ein paar Jahren hätte man das noch für unmöglich gehalten, heute gibt’s Bibi und Tina. Oder gab es zumindest, denn die an Hörspiele angelehnte Reihe geht in die vierte und letzte Runde. Tohuwabohu Total möchte aber mehr sein als nur ein versöhnlicher Abschied, nimmt man sich doch keinem geringeren Thema an als der Flüchtlingskrise.
Schon im Zentrum der Handlung steht mit der jugendlichen Albanerin Adea (Lea van Acken) im Grunde ein Flüchtling. Asyl beantragt sie aber wohl keines, sie versucht lediglich einer Zwangsehe zu entkommen. In Deutschland trifft sie auf unsere Titelheldinnen (Lina Larissa Strahl, Lisa-Marie Koroll), die ihr natürlich aus der Patsche helfen möchten. Zwei waschechte Syrer – Karim (Ilyes Moutaoukkil) und Sinan (Altamasch Noor) – sind ebenfalls mit von der Partie und um das Multikulti-Spektakel komplett zu machen, gibt’s noch eine afrikanische Musikergruppe. Noch mehr politische Allegorie nötig? Ein Unternehmer namens Dirk Trumpf (Joachim Meyerhoff) möchte rund um das Schloss von Graf Falko (Michael Maertens) einen Wall bauen, um die gefährliche Ausbreitung von Schwamm zu verhindern.
Open House
Man sieht schon: Subtil war gestern, Bibi ist heute. Das am Ende plakativ platzierte “Open House”-Schild wäre längst nicht mehr nötig gewesen, um die Message zu übermitteln. Regisseur Detlev Buck und sein Team präsentieren hier eine denkbar offene Haltung gegenüber Flüchtlingen jeder Art. Da darf dann gerne auch mal Merkels berühmtes “Wir schaffen das” zitiert werden. Diese offensichtliche Politisierung, die sich ganz klar und ausschließlich der momentanen Situation richtet, ist die größte Stärke von Tohuwabohu Total. Wie man selbst zum Thema steht beeinflusst mit Sicherheit die Rezeption des Filmes, selbst Andersdenkende sollten aber zumindest den Mut zum klaren Statement respektieren.
Nur ob der film irgendwen zum Umdenken bewegen kann, muss doch in Frage gestellt werden. Wer Flüchtlinge als die größte oder zumindest eine der größten Bedrohungen unserer Gesellschaft sieht, der wird hier allerdings sehr leichte Kritikpunkte vorfinden. Dass Bibi jegliche Sprachprobleme einfach mal weg hext, ist schließlich kein sehr seriöser Lösungsansatz. Und auch die kulturellen Unterschiede werden etwas gar einfach dahin gewischt. Ohne zu spoilern nur so viel: Wenn es nach Tohuwabohu Total geht, ist selbst eine epische Problematik wie Zwangsverheiratung nur ein leicht zu löschendes Störfeuer.
Die Vereinigung zwischen Kinderfilm und aktueller politischer Situation funktioniert dennoch überraschend gut. Zu Beginn scheint die Lockerheit der Vorgänger zwar etwas abhanden gekommen zu sein, im Verlauf des Filmes aber finden Bibi & Co. zum so geschätzten verspielten Ton zurück. So lässt es sich auch recht locker verkraften, dass Storytelling und Konsistenz auch im letzten Teil nicht zu den Stärken der Franchise zu zählen sind. Wenn es die Geschichte verlangt, kann man sich eben schnell mal nach Albanien hexen, obwohl man alle bisherigen geographischen Probleme viel mühsamer lösen musste. Das ist natürlich wenig lobenswert, auch das Kinderfilm-Argument kann man da gerne zuhause lassen. Wie schon die drei vorige Filme ist auch Tohuwabohu Total eben eine große Plus/Minus-Liste. Was unterm Strich rauskommt, kann sich aber sehen lassen. Diese Franchise werden wir vermissen.
Fazit (Michael):
Empfehlenswert (3 von 5)
Wie alle Bibi-Filme von Detlev Buck hat auch der krönende Abschluss Tohuwabohu Total einen Haufen Probleme. Ein klares politisches Statement, viel Energie und eine Menge Humor machen es aber neuerlich sehr einfach, darüber hinweg zu sehen.
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