Josef Hader spielt oftmals Josef Hader, oder zumindest seine Kabarett-Persona. Und auch in seinem Regiedebüt Wilde Maus zeigt Hader, dass er diese Rolle einfach perfektioniert hat.
Man könnte wohl sagen, dass Georg (Josef Hader) ein Musikkritiker der alten Riege ist: Arrogant, bequem in seiner Position eingerichtet und ein bisschen prätentiös um das Bild abzurunden. Kein Wunder, dass es ihn komplett aus der Bahn haut, als er seine Stelle in einer großen Zeitungsredaktion verliert. Der jüngeren Kollegin hat er gerade noch gönnerisch versichert, er würde ein gutes Wort beim Chef für sie einlegen, da steht er schon mit seinen Sachen auf der Straße.
Und weil Georg ein ziemlich dickes Ego hat, hockt er zu Arbeitszeiten im Wiener Prater, statt seiner Frau Johanna (Pia Hierzegger) einfach zu erzählen, dass er den Job los ist. In der Liliputbahn trifft er auf Erich (Georg Friedrich), einen alten Schulkameraden, der mit einem Bein im Kleinkriminellen-Milieu steckt und sich nur wünscht die heruntergekommene Achterbahn “Wilde Maus” zu renovieren. Der gutherzige Prolet und das arrogante Würstl bilden ein ungleiches Team, das vor allem von Georgs Rachefantasien angetrieben wird.
Während also Georg seinen Chef terrorisiert, versucht Johanna damit umzugehen, dass ihr Lebensgefährte sich gerade nicht für den gemeinsamen Kinderwunsch begeistern kann, sondern tief in der Midlifecrisis feststeckt. Und das ist wohl eines der wichtigsten Themen des Filmes: Die Krise eines Mannes im mittleren Alter. Wobei das Geschlecht noch eine besondere Rolle spielt. Hader nimmt immer wieder die Figur eines gekränkten Mannes auf, um auf die besondere Dynamik eines Männeregos hinzuweisen. Das tut er auf die reflektierteste Weise, die man sich wünschen kann. Denn Mitleid hat er mit seinen eigenen Männerfiguren nur, weil sie es einfach nicht schaffen aus der (oftmals nur eingebildeten) Misere rauszukommen.
Vielmehr seziert er die Psyche jener Figuren und bringt ihre schlechten und guten Seiten gleichermaßen zum Vorschein, ohne dabei zu verteufeln oder zu positiv zu sein. Er mag seine Akteure schon, das kann man spüren. Anfangs hat man vielleicht noch das Gefühl, dass Erich der klassische, harte Strizzi ist – ohne viel Emotionen und begleitet von einem fürchterlichen Machogehabe. Aber schon nach kürzester Zeit wird klar, dass es sich um einen lieben Trottel handelt, der versucht seinen eigenen Weg zu gehen – wenn auch ein bisschen gebremst durch die Unfähigkeit sich Fehler einzugestehen.
Und so geht’s Georg auch: Dass er vielleicht auch nicht die beste Arbeit geleistet hat, kann er einfach nicht einsehen. Ebensowenig will er sich eingestehen, dass es nach einem heißblütigen Racheakt gegen den Chef genug des Guten ist. Und so verliert er sich in Selbstmitleid, Lügen und Ignoranz, bis es eben zu spät ist. Ok, nach dieser Beschreibung der Figuren denkt man wahrscheinlich (also, wenn man Hader als Kabarettisten nicht kennt), dass der Film mehr Tragi- als Komödie ist. Dem ist aber das genau Gegenteil der Fall.
Wilde Maus ist extrem lustig! Man kommt aus dem Lachen oft nicht heraus, wenn Georg wieder mal eine schnippische Antwort gibt oder die Zeitungssekretärin vor lauter Demut gegenüber dem “großen Kritiker” mehr Infos preisgibt als sie sollte. Dabei fühlt Hader wie immer der österreichischen Mentalität und Psyche auf den Zahn. Na klar, vieles ist übertrieben, aber, wenn man ehrlich ist, kann man die eigenen Landsleute schon gut in den Figuren des Kabarettisten wiedererkennen. Schon allein die wenigen Szenen am Anfang, die in der Zeitungsredaktion spielen: Wenn man einmal in die Welt der österreichischen Medien eingetaucht ist, dann wird man genau mit solchen Szenen in Berührung gekommen sein.
Das einzige was man an Wilde Maus vielleicht bemängeln kann ist, dass Georg eine typische Hader-Figur ist. Da kann man sich also nichts komplett Neuartiges erwarten. Und auch die Story könnte man sich ein bisschen gesellschaftskritischer wünschen, denn es gibt schon einige Szenen, die wirklich nur für den temporären Witz eingebaut sind. Aber für alle Hader-Fans ist die Devise auf jeden Fall: Diesen Film muss man gesehen haben!
Fazit (Anne-Marie):
Film: Wilde Maus
Rating: Sehr Gut (4 von 5)
Man wird viel schmunzeln und noch mehr lachen, während man sich auf der Zunge zergehen lässt, wie einfühlsam und gleichzeitig brutal ehrlich Hader seine Charaktere dem Publikum auf dem Silbertablett serviert.
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