Florence Foster Jenkins

Stephen Frears bleibt sich treu, die Schauspieler retten den Tag.

Lässt man The Program mal freundlicherweise unerwähnt, hat Stephen Frears bislang ein grundsolides 21. Jahrhundert hingelegt. The Queen, Philomena, High Fidelity oder Mrs Henderson Presents sind allesamt so richtig ordentliche, brave Filme, die zwar keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen, aber lieb genug sind, um zu unterhalten. Der britische Regisseur liefert verlässlich etwas, das ich gerne “Oma-Film”  nenne. Dieses Genre zeichnet sich durch betont harmlosen Humor, einer sehr offensichtlichen Botschaft und gerne mal einem Hang zu historischen Begebenheiten aus. Fragst du mich, welchen Film du mit der lieben Omi anschauen sollst, ich würde ohne Bedenken auf Frears verweisen.

Auch die wahre Geschichte hinter Florence Foster Jenkins eignet sich perfekt zu einer lieblich vorsichtigen Interpretation. Florence (Meryl Streep), ihres Zeichens große Erbin und dank zahlreicher Spenden für die Kunst angesehenes Mitglied der High Society, möchte unbedingt wieder als Sängerin die Bühne erobern. Für Teilzeit-Ehemann St. Clair Bayfield (Hugh Grant) bedeutet das Höchstarbeit. Denn er muss seiner stimmlich beeindruckend untalentierten Frau klar machen, dass sie die größte Musikerin der Neuzeit ist.

Gentleman statt Erbschleicher

 

Prinzipiell hätte diese Prämisse das Potenzial, recht gnadenlos inszeniert zu werden. Angesichts der Mühen, die sich Bayfield – der nicht mit Florence, sondern seiner Geliebten Kathleen (Rebecca Ferguson) zusammenwohnt – macht, um seiner alternden Ehefrau komplexe Lügengeschichten aufzubereiten, kommt einem schon das Wörtchen Erbschleicher in den Sinn. Und auch in Florences eigener Lebensgeschichte sind verheerende Charakterschwächen zu erkennen, einen Hang zum Narzissmus muss sie sich schon vorwerfen lassen. Frears aber, und da bleibt er sich eben treu, will diese Facetten der Geschichte partout nicht erkennen.

In seiner Interpretation hingegen steht eine alternde Frau im Zentrum, die sich allen Hürden zum Trotz ihren Traum vom Singen erfüllt. Und Hugh Grant ist der moralisch höchstens minimal schiefe Gentleman, der ihr bei der Umsetzung entschlossen zur Seite steht. Jenkins’ berühmte Aussage, sie könne vielleicht nicht singen, aber niemand könne behaupten, sie hätte nicht gesungen, nutzt Frears quasi als “Fuck, Yeah!”-Moment seiner Geschichte. Wer tiefer gehende Überlegungen möchte, muss diese äußerst mühsam zwischen die Zeilen hinein interpretieren oder aber – effektivere Methode – einen anderen Film schauen.

Gute Unterhaltung

Mit dieser Herangehensweise wird das Potenzial von Florence Foster Jenkins doch ziemlich zusammen gestutzt, das Ergebnis ist dann aber trotzdem grundsolide – Frears eben. Dafür sorgen nicht zuletzt die Schauspieler.  Auf Meryl Streep ist eben Verlass, aber hier ist es Hugh Grant, der für diese Rolle seinen ganzen Charme auspackt und fast noch die Show stiehlt. Gekonnt balanciert er zwischen Businessman und flexiblem Situationskomiker. Sogar Simon Helberg kann als Pianist für Lacher sorgen, ohne dem Big Bang Theory-phoben Teil des Pubilkums zu sehr auf die Nerven zu gehen.

Ebenfalls ein wichtiger Baustein ist das Drehbuch, das zwar wie erwähnt keinen großen Interpretationsspielraum lässt, in Sachen Humor aber sehr gut aufgelegt ist. Da sieht man dann auch mal darüber hinweg, dass ausgerechnet jener Journalist, der sich nicht bestechen lässt, als Bösewicht dargestellt wird. Frears weiß zudem die herrlich schiefen Töne seiner Hauptfigur so zu inszenieren, dass sie auch nach längerer Laufzeit noch unterhaltsam sind.

Fazit:

Film: Florence Foster Jenkins
Rating:

User3.Leitner.Rating3.Recommendable.Frei.SmallEmpfehlenswert (3 von 5)

Florence Foster Jenkins bietet grundsolide Unterhaltung, ohne aus der Prämisse auch nur annähernd das Maximum herauszuholen. Eh lieb, ein Frears eben.

Michael Verfasst von:

Autor, Editor, Public Relations Michael ist der Arthouse Hipster des Teams, dessen Korrektheit und ruhige Art dafür sorgen, dass die Diskussionen immer fair bleiben und Beleidigungen nur zulässt, wenn sie mit Fakten belegt werden können.

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