Mother’s Day

Der Schwanengesang von Garry Marshall ist weder ein würdiger Abschied für den Pretty Woman-Regisseur, noch eine gelungene Hommage an die gefeierte Spezies der Mütter.

Als Julia Roberts im Brautkostüm zu den Klängen von U2s “I Still Haven’t Found What I’m Looking For” auf einem Pferd durch den Wald flüchtete, nur um nach einem romantischen Hin und Her in Richard Gere endlich ihren Traummann zu ehelichen, schien die Welt noch in Ordnung. Seit Garry Marshall mit Filmen wie “Die Braut die sich nicht traut” oder “Pretty Woman” den Stil der modernen Liebeskomödie vorgab, ist viel Zeit vergangen. Mit dem Tod des Regisseurs scheint die Ära jener spaßigen Romanzen, in denen selbst die wenigen ernsten Untertöne nur zufällig wirkten, endgültig vorbei zu sein. Die stereotypische romantische Mainstreamkomödie des 21. Jahrhunderts ist nicht zwangsläufig schlechter, weist aber ein deutlich verstärktes Maß an Aggression auf.

Zum Abschied hat Marshall seiner jüngsten Tradition – siehe Valentine’s Day oder New Year’s Eve – folgend wieder einen Episodenfilm vorgelegt. Die in Mother’s Day gewählten Geschichten zeichnen sich vor allem durch ein nahezu absurd hohes Maß an Diversität aus. Von einem homosexuellen Frauenpaar (Sarah Chalke, Cameron Esposito) über den alleinerziehenden Vater (Jason Sudeikis) bis hin zur Cross Culture-Ehe (Kate Hudson, Aasif Mandvi) und einem halbwegs funktionierenden Patchwork-Modell (Jennifer Aniston, Timothy Olyphant, Shay Mitchell) ist so ziemlich jeder Lebensentwurf dabei, der den breiten sozialen Diskurs gerade hinter sich gebracht hat.

Im Herzen konservativ

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© Mothers Movie LLCc

Trotz oder gerade wegen dieser hohen Repräsentativität wohnt dem Film aber ein prüder Grundton inne. Die indische Schwiegermama ist vor allem deswegen cool, weil sie eh in Las Vegas wohnt, dem Single Dad ist der Tampon-Kauf für die Tochter peinlich und das lesbische Pärchen ist verrückt genug, um es nicht wirklich ernst nehmen zu müssen. Oder welcher zurechnungsfähige Mensch baut sich schon einen Gebärmutter-Anhänger? Und was zur Hölle ist eigentlich ein Muttertagsumzug? Jene Lebensentwürfe, die noch keine breite Akzeptanz gefunden haben – der überzeugte Single, offene Beziehung – werden gar nicht erst thematisiert. Der Vorwurf der amerikanischen Filmkritik, Marshall würde durch diese Darstellung erst recht Ausgrenzung betreiben, geht dennoch zu weit. Richtig mies ist einzig eine Szene gegen Ende, als eine erfolgreiche Karrierefrau bedauert, sich gegen die Mutterschaft entschieden zu haben.

Ganz gleich ob man in Mother’s Day versehentlichen Rassismus erkennen möchte oder nicht, viel Spaß wird mit dieser Komödie kaum jemand haben. Abgesehen von der Tamponszene, die übrigens im Trailer zu bestaunen ist, wird zwar nie aggressiv übers Maß hinaus geschossen, zugleich gibt es aber so gut wie keinen Lacher. Das liegt vor allem am glorreich gescheiterten Versuch, die Gags organisch in die Dialoge einzubauen. Es sind sozusagen Witze bzw. coole Sprüche, die die Protagonisten füreinander erzählen – und nicht für das Publikum. Leider ist das nicht originell oder bahnbrechend, sondern erzeugt einfach nur unangenehme Szenen, bei denen man sich wie ein unerwünschter Beobachter vorkommt und peinlich berührt ist.

Loses Label

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© Mothers Movie LLC

Bei aller lobenswerter, im heutigen Kino oft vermissten Harmlosigkeit gelingt es Marshall aber leider auch nicht, irgendwelche schönen Momente aufzubauen. Es gibt romantische Begegnungen, glückliche Fügungen, sogar eine spontane Hochzeit wird zelebriert. Aber all das geht emotional völlig spurlos an einem vorbei, weil es die vorhersehbare Standard-Formel ohne jeglichen Charme erfüllt. Die Charaktere sind irrelevant und die Witze nicht vorhanden. Wer aufgrund des Geschehens auf der Leinwand gerührt an die eigene Frau Mama denken möchte, braucht schon einiges an assoziativer Kreativität. Zu lose hängt das Muttertags-Label dafür über den Geschichten.

Aus dieser mit fast zwei Stunden Laufzeit obendrein noch viel zu langen Farce lässt sich kaum etwas Positives mitnehmen. Ein Riesenkompliment aber muss an Jennifer Aniston ausgesprochen werden, die es schafft dieses desaströse Drehbuch in ihren Szenen mit unheimlich viel Charme, Sympathie und Lebensenergie zu füllen. Der Film mag trotz ihrer Präsenz alles andere als umwerfend sein, doch sie durch irgendeine (wortwörtlich gemeint: irgendeine) andere Schauspielerin zu ersetzen, würde aus einem dahin plätschernden Blah sehr schnell ein richtiges Debakel machen.

Fazit (Michael)

Film: Mother’s Day

Rating:

Lauwarm (2 / 4)

Der Abschiedsfilm von Garry Marshall ist leider definitiv kein Kinoticket wert. Selbst vor dem Fernseher wird man bei Mother’s Day wohl nur dran bleiben, um keine Szene mit Jennifer Aniston zu verpassen.

Michael Verfasst von:

Autor, Editor, Public Relations Michael ist der Arthouse Hipster des Teams, dessen Korrektheit und ruhige Art dafür sorgen, dass die Diskussionen immer fair bleiben und Beleidigungen nur zulässt, wenn sie mit Fakten belegt werden können.

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