Der dritte Teil von Detlev Bucks Bibi & Tina-Franchise präsentiert sich wie schon sein Vorgänger als kreatives Chaos. Während dies als Unterhaltung ganz gut funktioniert, werden die interessanten Sub-Töne von der fehlenden Entschlossenheit zunichte gemacht.
Wie jeden Sommer ist Bibi (Lina Larissa Strahl) wieder bei Tina (Lisa-Marie Koroll) und deren Boyfriend Alexander (Louis Held) am Bauernhof zu Besuch. Anders als sonst steht dieses Jahr aber im Zeichen eines Sommerlagers, das sich als ein mehrtägiger Geocache-Wettbewerb herausstellt. Das Ganze könnte eigentlich ganz lustig sein, würde der Spaß nicht durch den ehrgeizigen Urs (Phil Laude, der trotz seiner 25 Jahre wie ein Jugendlicher aussieht) und dem gegenseitigen Hochputschen zum Geschlechterkampf “Mädchen gegen Jungs” getrübt werden.
Kreatives Chaos
Am Hof Falkenstein ist alles beim alten geblieben und zwar nicht nur was die Gegebenheiten betrifft, sondern auch bezüglich Detlev Bucks Herangehensweise an das Franchise. Gleich in der ersten Szene wird das Gegenüberstehen von Mädchen und Jungs an einer Busstation satirisch als Western-Duell inszeniert. Plötzlich kommt Bibi auf ihrem Besen daher, was die Uneingeweihten – “Boah, das is ja ne Hexe” – im Grunde kaum zu beeindrucken scheint. Zu den Klängen des lyrisch recht seichten Titelsongs (“Wir reiten geschwind, weil wir Freunde sind” – der kausale Zusammenhang wird mir für immer ein Rätsel bleiben) reiten die Heldinnen anschließend zum Feriencamp, wo – logisch! – Rugby gespielt wird.
Bibi & Tina ist merkwürdig und das ist auch gut so. Auch der dritte Teil schreckt nicht davor zurück, seinen dünnen Plot in einem kreativen Chaos versinken zu lassen, das einen immer wieder mit neuen Ideen überraschen kann. Funktioniert das immer? Nein, auf keinen Fall. Gerade Fans von nachvollziehbaren Handlungssträngen werden zum Kopfschütteln eingeladen. Aber irgendwo zwischen der Drogenszene, bei der der Betroffene mit einem Gorilla kuschelt, dem Ex-Bösewicht, der als Aussteiger im Wald verrückte “Schmusis” braut und der völlig irrationalen Live-Übertragung des Geocache-Abenteuers muss man den Film fast ein bisschen lieb gewinnen.
Missklänge im Unterton
Das Franchise zeichnet sich aber auch durch einen Hang zur subtilen Unterwanderung von Konventionen aus. Im zweiten Eintrag der Reihe, Voll verhext, durfte Bibis Love Interest eine Zahnspange tragen und das weibliche Sexsymbol des Films feministische Vibes versprühen, um nur zwei Beispiele zu nennen. Mädchen gegen Jungs setzt diese Einstellung im Ansatz fort, Geschlechterklischees werden zumindest hinterfragt. So darf etwa Bibi mit den Burschen Rugby spielen, was sie auch ohne Einsatz ihrer Zauberkräfte ganz gut hinbekommt. Auch bei den Geocache-Aufgaben profitieren die männlichen Teilnehmer nicht von ihrem Geschlecht, sind also nicht mutiger oder stärker als die Mädchen, die wiederum nicht zwangsläufig mehr Intelligenz besitzen. Der Titel des Films entpuppt sich als ein eher zynischer, “Da stehen wir doch drüber” bleibt quasi als Aussage stehen. Interessant ist auch, wie gerade die drei jugendlichen Hauptfiguren des Franchises – Bibi, Tina, Alexander – durch das Aufkommen der Geschlechter-Debatte in zwischenmenschliche Probleme gebracht werden, die davor schlicht nicht vorhanden waren.
All diese intelligenten Subtöne könnten für ein höchst zufriedenstellendes Kinderfilm-Erlebnis sorgen, wäre da nicht ein Problem. Dem Film selbst, bzw. den Machern dahinter, ist das alles relativ bis vollkommen egal. Obwohl die toughe Titelheldin Rugby spielt, gibt es nämlich sehr wohl auch eine Gruppe Mädchen, die sich hauptsächlich durch Schminken und Eitelkeiten auszeichnet. Ja, es gibt einen erwachsenen Mann, der sich – abseits des Hauptplots – auch einmal in eine wesentlich ältere Frau verlieben darf, aber dann gibt es eben auch Szenen, in der junge Frauen ihre optischen Reize einsetzen, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Den Gipfel der Widersprüchlichkeit erreicht man im Schlussabschnitt, als ein Mädchen von einem Jungen zu einem Kuss gezwungen wird. Was anfangs auch von den anderen Burschen folgerichtig schwer verurteilt wird, ist nur Minuten später schon wieder entschuldet, da die Geküsste ihrem Verehrer sogar noch einen Kuss schenkt. Die richtig guten, intelligenten Subtöne bleiben zwar, sie bekommen aber ein bisschen das Gefühl der Zufälligkeit. Und das ist sehr sehr schade.
Moviequation:
Fazit (Michael):
Film: Bibi & Tina 3 – Mädchen gegen Jungs
Rating:
Auch der dritte Teil des Bibi & Tina-Franchises ist ein teilweise ungeheuer witziger, kreativ verrückter Charmebolzen. Die intelligente Entkräftung von Genderklischees könnte sogar als herausragend bezeichnet werden, würden die zahlreichen Widersprüche in der Aussage nicht für ultimativen Frust sorgen.
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