Wenn die Moral der Vereinten Staaten von Amerika in Gefahr ist, kann nur mehr Tom Hanks helfen. Steven Spielberg lässt ihn das Gewissen Amerikas sein, bevor er gegen viel bösere Mächte antreten muss.
Steven Spielberg ist seit den Siebzigern ein Meister der Spannung und die erste Szene von Bridge of Spies zeigt sein ganzes Talent. Der russische Spion Rudolf Abel (Mark Rylance) bewegt sich durch die Stadt. Bewaffnet ist er mit seinen Malutensilien. Verfolgt wird er von amerikanischen Agenten. Spielberg nimmt sich Zeit und zeigt uns die Fünfziger Jahre in all ihren kleinen Facetten. Hüte, Hornbrillen und dazugehörige Automobile en masse. Abel wird festgenommen und der Versicherungsanwalt James Donovan (Tom Hanks) wird als sein Anwalt installiert. Doch Donovan ist lediglich hier, um den Schein zu wahren, denn die Verurteilung und möglicher Tod des Spions sind längst ausgemachte Sache. Dennoch entscheidet sich Donovan Abel zu helfen. Sein Glaube an die Verfassung ist zu stark. Sein Engagement holt ihn Jahre später ein, als er, nach einem Flugzeugabsturz, den Austausch eines amerikanischen Spions und des weiterhin in Amerika inhaftierten Abel ausverhandeln soll.
Gut – Besser – Hanks
Ohne Tom Hanks würde der Film sicher nicht so gut funktionieren, seit Jahren kennen wir ihn nur noch als einen absolut Guten. Er ist Walt Disney, Captain Phillips und ein perfekter Vater bei 9/11. Nur hin und wieder kommt ihm ein Bösewicht unter und dann auch nur teilweise, wie bei Cloud Atlas. In Bridge of Spies rettet er eigenhändig die amerikanische Moral. Während ein ganzes Land von der Paranoia zerfressen wird, präsentiert er das amerikanische Selbstbild. Uneingeschränkt gut, über jeden Zweifel erhaben, Werte, Werte und nochmal Werte. Dieses Bild will die USA nach außen transportieren und Tom Hanks ist das personifizierte Amerika.
Dabei muss man Steven Spielberg ja fast schon anrechnen, dass er die amerikanische Gesellschaft gebeutelt darstellt. Kinder werden mit Filmen über den Atomkrieg verunsichert und die Bevölkerung sieht es gar nicht gern, wenn der sowjetische Spion verteidigt wird. Hanks’ Donovan wird zum angefeindetsten Mann im Land. Da fliegt auch schon mal was durchs Fenster. Aber Spielberg wäre nicht Spielberg, würde er nicht sofort die Kurve kratzen und dem Zuschauer zeigen, was wirklich schlimm ist. Um die Übergabe zu verhandeln muss Donovan ins graue Deutschland reisen. Ab dem Zeitpunkt legt sich ein kalter Graufilter über das Bild. Minuten nach seiner Ankunft wird Hanks gleich ausgeraubt und sein sowjetisches Gegenüber spielt mit ihm. Vertreter der CIA lassen ihm sprichwörtlich im Regen stehen und er schlägt sich noch ganz allein mit der DDR herum. Es fühlt sich so an als würde Spielberg in die Kamera schauen und sagen, wir Amerikaner waren zwar nicht so gut wie heute, aber alle anderen waren noch viel schlimmer.
Coen Brüder unter tatkräftiger Mithilfe
Auf einem technischen Level gibt es Bridge of Spies absolut gar nichts vorzuwerfen. Dank den Gebrüder Coen ist das Drehbuch mit viel Humor und der nötigen Spur Undurchsichtigkeit durchzogen. Mit Donovan zusammen versucht das Publikum die Situation zu erfassen. Die Bilder von Spielbergs Lieblingskameramannes Janusz Kaminski sind gewohnt stark. Was fehlt ist die Härte. Obwohl man schreckliche Dinge an der Berliner Mauer sieht, fühlt man sie nicht. Es ist reine Relativierung für den ersten Teil des Filmes, um die Fronten klarer zu zeichnen. Spielberg hat sich schon länger in sichere Gefilde zurückgezogen. man kann sich kaum vorstellen, dass der heutige Steven Spielberg noch ein Schindlers Liste oder Der Soldat James Ryan machen könnte. Viel lieber macht er ein effektives, aber auch seichtes Drama.
Verdikt:
Film: Bridge of Spies
Rating:Empfehlenswert (3/5)
Bridge of Spies ist ein technisch einwandfreies Historiendrama, das von der Performance des idealisierten Tom Hanks lebt. Eine vermeintliche Kritik an der amerikanischen Zivilgesellschaft entschärft Spielberg aber gleich wieder durch seine Darstellung der wirklich bösen Sowjets. Bridge of Spies ist angenehm zu schauen, spannend obendrein. Ich würde ihn mir zwar ohne Umschweife noch einmal anschauen, aber es ist vermutlich ein Film, bei welchem ein zweites Mal ansehen noch mehr die Fehler entblößt.
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