In Frank versteckt sich Michael Fassbender die meiste Zeit unter einem überdimensionalen Pappmaché-Kopf, wie ihn einst Frank Sidebottom getragen hat, und spielt einen verrückten, aber genialen Musiker, der sich mit seiner Band für ein Jahr zurückzieht, um ein Album aufzunehmen. Jon (Domhnall Gleeson) ist ein inspirationsloser Möchtegern-Musiker, dessen Ideen nicht über das Singen von Gesehenem, oder das unabsichtliche plagiieren von Gehörtem hinausreicht. Durch Zufall wird er Keyboarder einer exzentrischen Alternative Electropop Gruppe, angeführt von dem musikalischen Genie Frank (Michael Fassbender). Jon versucht derweil weiter sein eigenes musikalisches Genie zu finden, beziehungsweise seine neue Band davon zu überzeugen, dass er eines hat. Franks fragile Psyche läuft nun Gefahr Opfer dieses Vorhabens zu werden.
Ego trifft auf Genie
Der talentbefreite Jon hat diese für die social network Berühmtheiten typische egomanische Einstellung, dass es ihr gutes Recht ist, ein Weltstar zu werden. Penibel genau twittert er seinen Tagesablauf vor sich hin (#nomnomnom) und sieht sich als das fehlende Glied seiner neuen Band. Dass es den Mitgliedern Clara (Maggie Gyllenhaal), Baraque (Francois Civil) und Nana (Carla Azar) dabei um ganz etwas anderes geht, ist ihm ziemlich wurscht. Selbst der Fluch der Keyboardspieler in der Band kann nicht durch sein Ego dringen (alle Keyboarder sind von Franks Genie mit der Zeit so überwältigt, dass sie sich ertränken wollen). Frank bekommt davon natürlich nichts mit, er lebt Musik und findet Inspiration in allem. Deshalb darf/muss die Band auch monatelang nur Naturgeräusche aufnehmen, die man ja vielleicht weiterverwenden könnte. Zähneputzen wird zur musikalischen Glanzleistung. In einer Szene versucht Frank Jon mit einer Schaufel auf den Kopf zu schlagen: “It’ll be worth it!!”
Inspiration durch persönliche Hindernisse
Relativ schnell kommt heraus, dass Frank einmal in einer Nervenheilanstalt behandelt wurde. Seit seinem 14. Lebensjahr trägt er diese Maske und nimmt sie niemals ab. Für Jon ist das nur der Beweis, dass man erst durch Probleme sein Potential entfalten kann. Ist natürlich ein Blödsinn, aber für Jon genug Ansporn, weiter bei der Band zu bleiben und den Hass von Clara zu ertragen (sie droht ihm öfters mit dem Erstechen). Franks Charakter scheint dafür auf die Jahrhunderte alte Weisheit aufzubauen, dass es vor allem die Musiker sind, die durch ihre Kunst mental instabil werden.
Einer der Drehbuchautoren, Jon Ronson (Männer die auf Ziegen starren) war selbst Keyboarder bei Frank Sidebottom und hat seine Erlebnisse auch in einem Zeitungsartikel niedergeschrieben. Das war dann die Inspiration für das Drehbuch, bei dem Peter Straughan (Tinker, Tailor, Soldier, Spy) mitgeschrieben hat. Sein “Lokalaugenschein” wurde teils 1 zu 1 in Frank eingearbeitet, das erklärt auch etwas, wieso Jon Ronson mit seinem Film-Alter-Ego so hart ins Gericht geht.
Michael Fassbender spielt Frank natürlich gewohnt stark, doch seine Leistung muss dennoch herausgehoben werden, da er ganz ohne Mimik auskommen muss und stattdessen alles mit Körpersprache porträtieren kann. Er selbst spricht von einer Erleichterung hinter einer Maske verschwinden zu dürfen, auch wenn er nicht geradeaus schauen, sondern immer nur peripher aus der Maske linsen konnte. Auch Maggie Gyllenhaal spielt ihre emotionslose Musikerin Clara mit Brillanz und darf sich in ein paar der besten Szenen beweisen.
Weird & Quirky
Der Film scheint sich über seine Andersartigkeit zu definieren, die einjährige Albumaufnahme wird zum Highlight. Die gespielte Musik wurde von den Schauspielern auf der Bühne selbst improvisiert, der Sound ist dementsprechend “unkonventionell”. Umso unbefriedigender ist es, dass der Film dann im dritten Viertel an Energie verliert und zu klassisch wird. So wie Jon die ganze Zeit daran arbeitet, die Musik der Band publikumsfreundlicher zu machen, so scheint der Film im letzten Drittel das gleiche zu versuchen. Der Versuch geht allerdings ein bisserl schief und der Frank bekommt ungewöhnliche Längen, die er zuvor nicht hatte. Aus Die Antwoord wird Lady Gaga, aus wirklich schräg und komisch wird ein gespielt schräges Marketingkonzept und das ist einfach zu schade. Das konstante Schmunzeln weicht dem Blick auf die Uhr, zu absehbar und konventionell gestaltet sich der Schluss.
Moviequation
Fazit (Patrick):
Film: Frank
Rating: Empfehlenswert
Mit Frank kreiert der Regisseur Lenny Abrahamson ein skurril schräges Bild eines verletzlichen Musikers, dessen wahres Gesicht aus Pappmaché besteht und von Domhnall Gleesons Jon ausgenutzt zu werden scheint. Leider kann Frank die Energie nicht über die Zeit bringen und wird gegen Ende zu einer stinknormalen Tragikomödie, die sich eigentlich mehr verdient hätte.
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