Nach bereits zwei Fortsetzungen, die nicht an Steven Spielbergs Original heranreichen, kommt nach 14 Jahren Wartezeit nun Jurassic World in die Kinos. Ebenso verzweifelt wie die Charaktere, die im Film den Dinosaurierpark leiten, versucht der Film mit neuen genmanipulierten Dinosauriern, Motorrädern und dressierten Raptoren unsere Aufmerksamkeit zu gewinnen. Steven Spielbergs Name klebt zwar als Produzent am Plakat, doch am Regiestuhl sitzt dieses Mal Colin Trevorrow (Safety Not Guaranteed).
Nach einigen schlechten Trailern und unvorteilhaften Clips war die Erwartungshaltung schon sehr gering doch die Frage bleibt: wie wenig soll man sich erwarten?
Der Park ist eröffnet!
Das wohl stärkste Argument für ein Ticket für Jurassic World ist die mit dem Original verbundene Nostalgie. Das und die Tatsache, dass es um riesige Dinosaurier geht! Und so fangen die ersten Minuten des Filmes recht gekonnt (wenn auch großteils durch die recycelte Musik von John Williams) die Freude und Erwartung des Kindes Gray Mitchell (Ty Simpkins) ein, welches von seinen Eltern eine Reise zum (dieses Mal voll funktionierenden) Dinosaurierpark Jurassic World geschenkt bekommen hat. Gemeinsam mit seinem älteren hormongesteuerten Bruder Zach (Nick Robinson) kann er von Attraktion zu Attraktion schlendern, den riesigen, im Wasser schwimmenden Mosasaurus bestaunen, bei der T-Rex Fütterung zusehen oder auf kleinen Triceratopsen reiten.
Doch so beeindruckend diese Attraktionen auch sind, die bösen kapitalistischen Mächte im Hintergrund wollen unserer Unterhaltungskultur das neueste Spektakel bieten. Denn Dinosaurier alleine faszinieren die Massen nicht mehr, so zumindest die Meinung der Parkadministratorin Claire (Bryce Dallas Howard). Und so erzeugt man einen mutierten Saurier namens Indominus Rex, der zum einen Teil T-Rex ist und zum anderen Teil… aber das ist ja ein Geheimnis! Aber aus irgendeinem Grund ist der Indominus Rex recht intelligent…
Nun kommt es wie es kommen muss, der Indominus Rex bricht aus und der Park stürzt ins Chaos – macht das jetzt Spaß oder nicht?
Chris Pratt als Moralapostel
Jurassic Worlds Moral oder Charaktere sind selbst für Mainstream Blockbuster unglaublich platt. Aber wenn man sich kurz unsicher ist, braucht man nur warten, bis Owen Grady (Chris Pratt) die Welt erklärt. Als fehlerfreier, obergscheiter Raptoren-Trainer lässt Pratt seine Starlord Rolle in Guardians of the Galaxy als subtile Meisterleistung erscheinen. Natürlich gibt es sexuelle Spannungen mit Claire, welche im Vergleich zu Owen natürlich angespannt und frustriert ist, während er gechillt an seinem Motorrad herumschraubt. Ob die beiden am Ende des Filmes zusammenkommen, ob Claire dadurch weniger angespannt wird aber trotzdem noch mit High Heels durch den Dschungel läuft und ob die beiden Mitchell Brüder mehr sind als Zielgruppen-Repräsentanten soll hier nicht verraten werden.
In Interviews haben die Macher des Filmes bereits auf die von Joss Whedon losgetretene Sexismus Kontroverse geantwortet mit Aussagen wie “Die vielfach zerrissenen Trailer, wurden aus dem Kontext gerissen” und damit haben sie absolut recht: mit nur einem Clip kann man den Sexismus und das Macho Gehabe des Filmes nur erahnen. Der Charakter von Claire lässt Comic Filme plötzlich absolut progressiv erscheinen, denn sie hat durch ihren Job Dauerstress und Panikattacken (welche die männlichen Jurassic World Mitarbeiter scheinbar nicht haben) und ist letzten Endes nur da, um stolz zu sein, wenn ihr (Spoiler!) Boyfriend als “Badass” bezeichnet wird.
Mit fast 2 Stunden hätte Jurassic World ausreichend Zeit für Charakterentwicklung, doch diese bleibt auf einem absoluten Minimum. Es ist schon sehr schockierend wie wenig sich der Film darum bemüht, die einzelnen Teile dramaturgisch zusammenzufassen. Und dies führt dazu, dass der Film mit jeder Minute verzweifelt computergenerierte Dinos vor die Kamera wirft, die aber aufgrund der fehlenden Inszenierung und mittelklassigem CGI aussehen als wären sie aus Gummi (die Abwesenheit der Animatronics des verstorbenen Stan Winston ist stark zu spüren).
Ideen ohne Drehbuch
Die Meta-Aussage von Jurassic World über unsere Entertainment Kultur und das ständige Streben nach dem Motto Größer, Härter, Lauter ist ja durchaus interessant. Der Indomus Rex wird auf die Welt losgelassen, denn keiner scheint sich mehr “nur” für Dinosaurier zu interessieren. Doch mehr wird aus der Idee nicht herausgeholt. Dies gilt für jeden anderen durchaus interessanten Gedanken, der zwar in den Raum gestellt wird aber danach in keinster Weise aufgearbeitet, thematisiert oder reflektiert wird.
Nach den ersten Minuten bemüht sich der Film weniger darum, eine dramatisch packende Geschichte zu erzählen, sondern schmeißt so viele Special Effects als möglich vor die Kamera. Hin und wieder macht die Effekt-Show Pause, um intelligent wirkende Themen in den Raum zu stellen, die nicht über das Level einer Kinder-Moralgeschichte kommen.
Nostalgie als Schutzmantel
Natürlich drückt Jurassic World fest auf den Nostalgie Knopf, um positive Gefühle zu erzeugen und das minderwertige Produkt besser erscheinen zu lassen. Denn der bereits erwähnte Score von John Williams wirkt einfach immer wieder, was kein Verdienst des Filmes ist. Der Rest des Soundtracks ist eine banale Auftragsarbeit von Michael Giacchino, welche nicht in Erinnerung bleibt.
Und wenn das Drehbuch nach 50 Minuten schon alle Ideen verbrannt und nicht weiterverfolgt hat, muss man noch schnell ein Setpiece aus dem ersten Teil hineinwerfen, um die Nostalgie noch stärker anzufachen. Dies ist wohl auch die einzige Möglichkeit, welche dieser Film noch hat, denn die Qualität des Produktes ist derart unter jedem Standard, dass der Film ohne das Franchise Logo keine Überlebenschance hätte.
Dass der Film natürlich dadurch eine gewisse Immunität gegenüber Kritik genießt ist natürlich klar. “War eh klar, dass er enttäuschend wird” und “was hast du dir erwartet?” werden sicher Phrasen sein, die versuchen, den Film zu legitimieren. Doch mir ist es ganz wichtig, dass man Filme als Film und nicht als Hype-Event betrachtet. Und das hat nichts mit irrational hohen Ansprüchen zu tun (denn mir ist auch klar, dass ein Film nicht so leicht an Jurassic Park heranreicht), sondern mit grundlegenden Anforderungen ans Unterhaltungskino, die Jurassic World schlicht und einfach nicht erfüllt. Die Action ist dramaturgisch langweilig, die Spannungsszenen beruhen auf Fake-Suspense während die Charaktere sich nie anfühlen als wären sie ernsthaft in Gefahr. Und egal wie viele Menschen von Flugsauriern attackiert werden, es fehlt jegliche Dramatik.
Wir haben nichts gelernt
Ein Thema des Marketing Materials war die Tatsache, dass Katastrophen in der Vergangenheit für die aktuelle Generation fast schon ein Witz oder eine lustige Anekdote sind und wir dazu verdammt sind die gleichen Fehler wieder zu machen. Wie alle Ideen des Filmes ist auch dieses Thema eine halb ausgearbeitete Idee, die liegen gelassen wird, sobald die Dinosaurier ausbrechen. Und nicht nur die Leiter des Parks scheinen nichts gelernt zu haben – am Ende des Filmes fragt man sich ob irgend jemand irgendetwas gelernt hat (abgesehen von der Lektion dass Chris Pratt der beste, härteste und lauteste Mann aller Zeiten ist, den man nicht hinterfragen sollte).
Und so wird man zurückgelassen mit einer 2-stündigen Karikaturen-Show ohne klarer Linie, die das Studio verzweifelt versucht mit so viel Special Effects und Monstern wie nur möglich zu füllen.
Moviequation:
Fazit (Wolfgang):
Film: Jurassic World
Rating:
Furchtbar (1 / 5)
Jurassic World ist nicht nur schlecht im Vergleich zu Spielbergs Original, der Film ist eine unsagbar faule Produktion, deren Drehbuch nicht über das Level eines Kasperl-Theaters hinweg kommt. Man versucht die Minderwertigkeit des Produktes mit reichlich Nostalgie zu überdecken und dies führt vielleicht dazu, dass manche sich genug einlullen zu lassen, um das Verdikt “Is eh a schaß, aber wuascht” in den Raum zu stellen. Aber ich halte nichts von relativierenden Filmkritiken, denn wenn ich lange genug Transformers schaue, kann es auch sein, dass ich den Film “eh nicht so schlecht” finde.
super review! bin ich zu 100% down.
ich war echt enttäuscht als ich aus dem kino raus bin. und das ist in diesem fall tatsächlich eine leistung, (wenn auch die ziemlich einzige, die jurassic world bringen konnte,) weil ich nicht viel gebraucht hätte, um wieder in diese fantastische dino-welt von früher einzutauchen.
irgendwer hat da was ganz groß missverstanden.. ich brauch keinen megasupersaurier.. die alten waren mehr als scary genug.
aber wenn ich so wenig bezug zu den charakteren habe, dass mir deren überleben rotzpiepenegal ist und die storyline mir immer mal wieder unerwartet einen unter die gürtellinie gibt, bleibt nicht viel mehr über als ein flaues gefühl im magen.
schade.. dann also doch wieder jurasaic park, auf der couch, mit selbstgemachten popcorn.
ja, am besten ist es echt, den ersten nochmal zu schauen anstatt geld für die recycelte version auszugeben.
Echt bitter, dass der so viel cash macht
Post wurde übrigens aktualisiert mit der AudioKritik in der ich ein bisschen emotional werde ;)
jetzt ist der also echt dritterfolgreichster film ever?!?! *speib*
allersings passt er ganz gut in einen topf mit titanic und avatar..
Als großer Titanic Fan find ich ersteres gar nicht so wild. Aber sowohl bei Titanic und Avatar kann ich mir irgendwie zusammenreimen, warum diese Filme trotz diskutablem künstlerischem Wert irgendwie erfolgreich waren (z.B. war bei Avatar einfach wirklich nix im Kino und er hat shiny 3D gehabt und eine einfache Holzhammer Message).
Aber bei Jurassic World scheitert es schon an grundlegenden Film-Ansprüchen wie 3-Akt Handlung, Charaktere und so weiter und so fort. Ich wundere mich echt, wie der Film Avengers überholen konnte (auch ein Film, den ich nicht so doll finde, aber zumindest verstehe ich, was der Reiz und der “Eventcharakter” des Filmes war).