Endlich kommt der australische Film The Babadook in die österreichischen Kinos! Der Film hat es in zwei unserer Top 10 Listen des Filmjahres 2014 hinein geschafft und wir sind unglaublich glücklich darüber, dass dieser gruselige und intelligente Film es doch noch ins Kino geschafft hat!
Kinder sind die Hölle
Die alleinerziehende Mutter Amelia (Essie Davis) hat nicht nur in ihrem Tagesjob alle Hände voll zu tun: ihr Sohn Samuel (Noah Wiseman) zeigt Verhaltensstörungen, welche ihn nicht nur in der Schule in Probleme bringen, sondern auch für schlaflose Nächte seiner Mutter sorgen. Hinzu kommt Samuels Obsession mit Monstern im Zimmer. Eines Abends liest Amelia ihrem Sohn eine Geschichte mit dem Titel “Mr. Babadook” vor, welche so verstörend ist, dass sie das Buch nicht zu Ende vorliest und sogar vernichtet.
Doch wie die Geschichte sagt “You can’t get rid of the Babadook” und so werden die beiden immer mehr von diesem mysteriösen Monster geplagt. Denn je stärker man den Babadook verleugnet, umso mehr Macht erlangt er.
Psychologischer Horror
Das wunderschön gruselige Design des Kinderbuches ist nur der erste Hinweis, wie effektiv simpel der Horror in The Babadook inszeniert wird. In einer Zeit, in der Filmemacher Angst haben, die Aufmerksamkeit des Publikums zu verlieren, wenn dieses nicht alle 5 Minuten mittels eines Jump-Scares aufgeweckt wird, bleibt The Babadook ruhig und fokussiert. Der Horror erwächst langsam und das Monster scheint immer mehr Macht zu gewinnen.
Und auch hier vermeidet das Drebuch gekonnt die totgetretenen Handlungsmuster. Viel zu oft müssen die Akteure in Horrorfilmen für eine halbe Stunde so tun, als gäbe es keinen Horror, als wäre ihre einzige Motivation eine Party mit Freunden in einem abgelegenen Haus. Noch nerviger ist es in meinen Augen, wenn schon in den ersten Minuten die verpflichtenden Gruselschocker/Jump Scares eingebaut werden, diese aber so inszeniert sind, dass sich nur das Publikum selbst schreckt und die Protagonisten im Film nichts davon mitbekommen.
Was The Babadook nun so erfrischend anders macht, ist, dass er keine Trennlinie zwischen der Welt des Alltags und jener des Monsters zieht. Die erste halbe Stunde beschäftigt sich intensiv mit Amelia und Samuel und macht uns mit ihren Problemen vertraut. Der Babadook ist hier kein externes Monster, das zwei unsagbar glückliche Protagonisten belästigt, er ergibt sich vielmehr aus den angestauten Emotionen der Charaktere.
Die Linien zwischen Realität und Traumwelt beginnen zu verschmelzen und der Terror des Babadooks scheint kein Ende zu nehmen. Und genau weil die Verfassung der beiden Charaktere, ihre Geschichte und ihr Leben mit diesem gruseligen Horror verschmelzen, hebt sich The Babadook von konventionellen Monsterfilmen ab. Dies ist ein Psycho-Horror-Drama, welches – wie es guter Horror eben macht – den Babadook als Stilmittel verwendet, um Dinge in unserem Alltag zu thematisieren, die vielleicht für viele zu unkomfortabel sind, um sie direkt anzusprechen.
Effekte
Dieser Abschnitt mag nun etwas zu technisch wirken für eine allgemeine Kritik, doch ist es mir persönlich wichtig, dieses Thema noch anzusprechen. So viel wie möglich wird in diesem Film am Set mit praktischen Effekten realisiert. Sei es, dass sich Regisseurin Jennifer Kent gegen die übliche Technik eines digitalen Farbfilters entschieden hat und den Look bereits vor Ort durch Set-Design und Make-Up erzeugt hat oder die Tatsache, dass die Darstellung des Babadooks sehr “oldschool” ist.
Das Monster ist kein schick animiertes Special Effect Wunderwerk, sondern wird unglaublich simpel mit praktischen Effekten realisiert. Die abgehackte Art, auf die er sich bewegt erinnert an frühere Stop Motion Monster. Doch wo damals dieser Look der aktuellste Stand der Technik war und nun auf eine Art veraltet ist, dass man sich kaum mehr vor diesen Film-Pionieren fürchtet, ist eben diese unperfekte Art, mit der sich das Monster bewegt so wahnsinnig effektiv. In einem Film, der wunderschön produziert und gefilmt ist – inklusive einem fantastischen Sound Design – ist der schwarze abgehakte Schemen ein riesiger Fremdkörper, der dieses Monster wirksamer und grusliger wirken lässt als die teuersten Special Effects.
Was ist passiert?
Je mehr der Film fortschreitet und je mehr auch Amelias Angst und Wahnsinn sich steigert, umso unklarer werden die Grenzen. Was passiert hier wirklich? Gibt es ein Monster oder sind die Menschen die Monster? Einer der freudigsten Momente war die Erkenntnis, dass am Ende des Filmes die Dinge klar zu sein scheinen, doch je mehr man sich mit den einzelnen Details beschäftigt, umso nebulöser wird die Handlung.
Letzten Endes ist The Babadook ein Horrorfilm und kein reiner Psychothriller und so kann man sich nie sicher sein, wo die Grenzen zwischen Wahnsinn und möglicher übernatürlicher Intervention liegen. Es ist einer jener Filme, der zu viel Diskussion führen kann, was nun genau passiert ist und je mehr man darüber reflektiert, umso unangenehmer wird der Horror.
Moviequation:
Fazit (Wolfgang):
Film: The Babadook
Rating:
Wo andere Horrorfilme vielleicht anfänglich schockierender sind, die aber schnell ihre Wirkung verlieren, bleibt bei The Babadook ein permanentes unangenehmes Gefühl zurück. Ein technisch perfekt inszenierter Gruselfilm, welcher weiß, dass das Horrorgenre ein ideales Ventil ist, um Ideen und Diskussionen in den Raum zu stellen, die vielleicht für viele Menschen zu unangenehm sind, wenn man sie direkt ansprechen würde.
Und wenn sich einem noch Tage nach dem Schauen die Gänsehaut aufstellt, weil man beginnt zu verstehen, warum der Babadook einen Hut trägt, dann weiß man, dass dieser Film ein absoluter Triumph sowohl für das Horrorgenre als auch für das Filmgenre an sich ist.
Schreibe den ersten Kommentar