Conducta ist ein kubanischer Film über die sozialen Probleme von Schülern und Lehrern und nimmt sich dabei auch kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht die Missstände anzuprangern, die von der Regierung verursacht wurden.
Eine Rotzpipp’n namens Chala
Chala (Armando Valdes Freire) ist einer der verhaltensauffälligeren Schüler in seiner Klasse. Mit seinen Freunden stört er den Unterricht und versucht sehr hart “der Coole von der Schule” zu sein. Das macht ihn zum Stammgast bei der Direktorin und der Jugendbehörde. Zuhause muss er den Haushalt am Laufen erhalten und das Geld für die Rechnungen aufbringen. Seine Mutter ist da keine große Hilfe. Alkohol- und tablettensüchtig wankt sie durch den Tag, Prostitution wird mehr als nur angedeutet. Chala muss Hunde für Kämpfe trainieren und züchtet Tauben am Dach, während die Jugendbehörde Gründe sammelt um ihn in ein Heim zu stecken. Seine einzige Ansprechperson ist die alte Lehrerin Carmela (Alina Rodriguez), die sich ein Ziel gesetzt hat und keinen ihrer Schüler ans Erziehungsheim verlieren will. Ihre Art, ein Herzanfall und eine neue Lehrerin führen aber zu noch mehr Problemen.
Ganz ruhig und dann ganz stressig
Der Film beginnt ruhig mit Chala beim Tauben fangen, nur um kurz darauf unendlich hektisch zu werden. Der Weg zur Schule und Schüler vor Stundenbeginn sind von Haus aus schon das lauteste und unruhigste, das man sich vorstellen kann und der Film beweist dich einmal mehr. Man möchte fast die Leinwand anschreien, damit die “Gfraster” bisserl leiser sind, der Kamera kann man schon nicht mehr folgen. Wenn Chala aber dann nach Hause kommt und ihm eine betrunkene Mutter auf den Stufen entgegen wackelt, wünscht man sich die lauten Schüler wieder zurück. Eltern versagen, wenn sie ihren Kindern nicht vorspielen können, dass sie ihr Leben im Griff haben und Sonia (Yuliet Cruz) ist weit davon entfernt ihrem Sohn ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Es muss schon fast nicht mehr erwähnt werden, dass nicht mal sie weiß, wer der Vater ist, man hat aber das Gefühl, dass es der Hundekämpfe betreibende Nachbar sein könnte.
Der Feind Sozialismus
Doch das Schicksal Chalas ist kein Einzelfall, seine Klassenkollegin Yeni (Amaly Junco) hat auch so ihre Probleme. Da ihr Vater vom Land nach Havanna gekommen ist und die nötigen Papiere fehlen, dürfte Yeni gar nicht in die Schule gehen und langsam entspinnen sich daraus weitere Probleme für eine alternde Lehrerin, die bei sowas immer ein Auge zugedrückt hat.
Es ist schon eine Überraschung, dass ein kubanischer Film derart kritisch mit den sozialen Missständen umgeht und die Regierung dadurch zur Rechenschaft zieht. Wenn man einmal auf Kuba war, weiß man, dass die Leute dort viele Probleme haben und diese auch ansprechen, ohne kurz danach mit einem Sack über dem Kopf zu verschwinden. Dass das Kulturministerium dann trotzdem so einen systemkritischen Film fördert und finanziert ist schon ein bisschen beeindruckend.
Die Tugend des Mitgefühls
Mit 108 Minuten ist der Film nicht besonders lang, doch wenn er zu Ende geht, ist man dann doch ein bisschen froh. Zu oft geht was schief, Chala schafft es immer wieder sich durch seine Straßeninterpretation der Worte Ehre und Respekt in Schwierigkeiten zu bringen, obwohl er eigentlich ein herzensguter Junge ist. Conducta hat immer wieder Szenen, die auf eine bessere Zukunft hoffen lassen, doch diese Chancen werden immer wieder nicht wahrgenommen oder zunichte gemacht. Man hofft für den Jungen, dass sich alles zum Besseren wendet und am Schluss besteht die Möglichkeit dafür, doch man bleibt mit dem bitteren Beigeschmack sitzen, dass Kind sein in dieser Welt nicht vor der der Realität schützt.
Fazit (Patrick):
Film: Conducta – Der junge Herzensbrecher von Havanna
Rating:
Conducta nimmt den Zuschauer in die Welt Havannas mit, mit all dem Dreck der Straßen und dem Staub in der Luft wie es ist. Es ist ein realistischer Blick auf ein politisches und soziales System, dessen Fundament schon lange porös ist, dass man während des Schauens nur hoffen kann, dass sich für die Charaktere alles zum Besten wenden wird.
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