Die französische Redewendung “la petite mort”, auf Deutsch eben Der kleine Tod ist ein Synonym für den Orgasmus. Dementsprechend dreht sich in diesem kleinen australischen Film alles um das Thema Sex, erzählt anhand kleiner Geschichten über tabuisierte Vorstellungen im Liebesleben.
Maeve (Bojano Novakovic) sehnt sich danach, von ihrem Freund Paul (Josh Lawson) vergewaltigt zu werden, während Phil (Alan Dukes) seine Frau Maureen (Lisa McCune) ausgerechnet dann am attraktivsten empfindet, wenn diese schläft. Ebenfalls eine bedenkliche Vorliebe hat Rowena (Kate Box), die ein immer größer werdendes Lügenkonstrukt entwirft, um ihren Freund Richard (Patrick Brammall) weinen zu sehen. Zur gleichen Zeit geraten die Rollenspiele von Dan (Damon Herriman) für seine Evie (Kate Mulvany) langsam außer Kontrolle, und dann gibt es da noch Monica (Erin James), die via Skype Telefongespräche für Taube übersetzt und in Sam (T.J. Power) zu später Uhrzeit einen besonderen Kunden hat.
Geschichten aus Movie 43 mit Love Actually Charme
Die genannten kurzen Geschichten sind ganz lose miteinander verwoben, wobei der Fokus zunächst auf der Episode des Möchtegern-Vergewaltigungsopfers Maeve und ihrem Boyfriend Paul liegt. Schon hier erkennt man die große Stärke von Regisseur, Autor und Schauspieler des Filmes, Josh Lawson, bizarren Geschichten einen menschlichen Charakter zu geben. Denn die Story – ein Mann plant für seine Freundin komplex und glaubwürdig eine gespielte Vergewaltigung – klingt, als könnte sie aus Movie 43 stammen. Anstatt mit brachialer Humor-Gewalt wird aber mit viel Charme, sympathischen Figuren und einer großen Portion Chemie zwischen den SchauspielerInnen erzählt. In dieser Hinischt orientiert man sich am modernen Liebeskomödien-Klassiker Tatsächlich … Liebe.
Ähnlich absurd liest sich auch die Zusammenfassung einer anderen großartigen Episode, in der Rowena nach dem Tod ihres Schwiegervaters erkennt, wie attraktiv sie die Tränen ihres Freundes Richard findet. Was mit harmlosen Erinnerungen an den Vater beginnt, mündet in moralisch kaum mehr vertretbaren Handlungen. Obwohl die junge Frau in ihren Taten immer extremer wird, schafft es Schauspielerin Kate Box, ihre Figur irgendwie sympathisch zu machen.
Schwächen, aber glorreicher Schlusspunkt
Wie in einem Film voller kleiner Geschichten nicht unüblich, ist aber auch hier nicht jede Episode gleich gut gelungen. Jene von Dan, der nach einem gelungenen sexuellen Rollenspiel eine Karriere als Schauspieler anstrebt, funktioniert schon weit weniger gut. Da weder Dan noch seine Partnerin Evie als sympathische Charaktere durchgehen, wird hier die Redundanz der Gags nicht nur offensichtlicher, sondern auch unangenehmer. An einem ähnlichen Problem leidet die Posse über Phil und Maureen, wobei hier insbesondere die vermeintlich grundlos keifende Ehefrau als uninteressant unsympathischer Charakter erscheint. Mitleid mit Phil zu haben, der seine Frau jeden Abend betäubt, um sie dann während ihres Schlafes zu liebkosen, ist auch nicht gerade einfach.
Fast als hätte Josh Lawson vor Finalisierung des Filmes die homerische Schlachtordnung studiert, kommt zum Abschluss, fast völlig von den anderen Geschichten isoliert, der absolute Höhepunkt des Filmes. Die Gebärdensprachen-Übersetzerin Monica vermittelt dem tauben, von Schlaflosigkeit geplagten Sam via Skype ein Telefongespräch mit einer Sex-Hotline. Was locker leicht ein unpassend direkter Gag hätte werden können, entwickelt sich zur mit Abstand romantischsten Geschichte des kompletten Filmes. Es ist ein glorreicher Schlusspunkt, der den Rest von Der kleine Tod so deutlich überragt, dass man den Kinosaal mit beinahe unangebrachter Euphore verlässt.
Moviequation:
Fazit (Michael):
Film: Der kleine Tod
Rating:
Der kleine Tod versteht es, absurde Geschichten mit viel Charme zu erzählen. Die Redundanz einiger Witze und die schmerzhafte Unsympathie mancher Charaktere vereiteln einen vollen Erfolg, doch schon die letzte Episode alleine lässt einen Kinobesuch sein Geld wert sein.
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