Into the Woods

Zwölf Jahre liegt Rob Marshalls großer Oscar-Triumph Chicago bereits zurück, nun versucht er, nach einigen Ausrutschern (Fluch der Karibik: Fremde Gezeiten), mit Into The Woods wieder zu seiner alten Musical-Höchstform zu finden.

Dem Bäcker (James Cordon) und seiner Ehefrau (Emily Blunt) erscheint eine Hexe (Meryl Streep), die ihnen einen tollen Deal anbietet. Sofern die beiden es schaffen, ihr die drei notwendigen Zutaten für einen Verschönerungstrank zu bringen, wird der Fluch aufgehoben, der dem Ehepaar bislang das Kinderkriegen unmöglich machte. Für dieses Unterfangen müssen sie allerdings die gefährliche Reise in den verwunschenen Wald antreten, in dem ihnen bekannte Märchenfiguren wie Cinderella (Anna Kendrick), Rotkäppchen (Lilla Crawford), Giant-Slayer Jack (Daniel Huttlestone) oder Rapunzel (Mackenzie Mauzy) begegnen.

Uninspirierte Märchenstunde

Into the Woods 5

Wenngleich diese Prämisse eine originelle Verstrickung mehrerer Märchencharaktere verspricht, ähnlich vielleicht wie in der Vertigo Comic-Reihe Fables oder der aktuellen Fernsehserie Once Upon a Time, folgt der tatsächliche Ablauf der ersten Stunde von Into The Woods weitestgehend dem Vorbild der bekannten Geschichten. Zumindest aus einer Story-Perspektive wird das schon ein wenig mühsam, denn, dass Rotkäppchen vom Wolf (Johnny Depp in seiner unzähligsten Jack Sparrow-Neuauflage) gefressen wird und trotzdem nicht stirbt, kann naturgemäß ebenso wenig überraschen wie Cinderellas Lovestory mit ihrem Prinzen (Chris Pine).

Into the Woods 3

Das einzige Unterscheidungsmerkmal zu den alten Märchenvideokassetten ist der hohe Produktionsaufwand, der sich etwa in der solide gemachten Musik niederschlägt. Als einsam kämpfender Musicalverweigerer, steht es mir wohl nicht zu, über diesen Aspekt des Filmes final zu urteilen. Daher beschränke ich mich auf den Kommentar, keinen Qualitätsunterschied zur vermeintlich revolutionären Aufnahmetechnik von Les Miserables festgestellt zu haben. Natürlich bezieht sich Produktionsqualität auch auf den Look des Films, der immerhin zwei technische Oscar-Nominierungen (Kostüme und Set-Design) einbrachte. Doch während die Kostüme etwa beim Bondage-Stil von Rapunzel noch gute Einfälle präsentieren, ist das Design für den Rest uninspiriert. Hier distanziert man sich einfach nicht genug von gängigen Märchenklischees, um wirklich in Erinnerung zu bleiben.

Juhu, schon aus! Oh shit…

Into the Woods 2

Ein großes Problem, das moderne Bearbeitungen von Märchen zu lösen haben, sind die teilweise veralterten Konventionen und bereits altbekannten Moralvermittlungen, die in ein neues Gewand gehüllt werden müssen, um noch für Interesse zu sorgen. Into The Woods hebt immerhin den Mythos der unsterblichen Liebe auf den ersten Blick auf, und entschwächt auch gängige Genderklischees, ohne aber vollständig auf diese zu verzichten. Ansonten verlässt man sich auf die leicht zynische Interpretation der bekannten Charaktere, am besten zu erkennen in den narzisstischen Prinzen (Chris Pine und Billy Magnussen), und der eher lockeren Darstellung des Starensembles, angeführt natürlich von Meryl Streep. Man muss allerdings schon sehr auf Stars fixiert sein, um wirklich davon amüsiert zu sein, dass hochbezahlte Schauspieler sich mal ein bisschen zum Affen machen.

Mit all diesen kleinen Problemchen, obwohl sie zum Teil sicherlich Geschmackssache sind, ist man dann schon froh, als der Film um einiges früher endet als erwartet. Anscheinend vergehen die zwei Stunden dann doch schneller als gedacht – warte, was passiert da? Oh shit, es geht weiter. Tatsächlich gibt es hier mitten im Film eine Szene, die gerade im Märchenkontext absolut als Ende verkauft werden könnte. Stattdessen kommt ein komplett neuer Storybogen, der zwar die angesprochene Modernisierung von Genderkonventionen und Familienvorstellungen erst etabliert, rein inhaltlich aber dennoch recht vorhersehbar und verzichtbar ist. Es gibt auch noch einen St. Vincent-ähnlichen Moment, in dem man auf die Pointe wartet, ehe man die Tragik der Szene realisiert. Nur, dass es einem im Vergleich zu St. Vincent leider vollkommen egal ist.

Moviequation:

moviequation into the woods

Fazit (Michael):

Film: Into the Woods
Rating:

User3.Leitner.Rating2.Lukewarm.Frei.Small
Lauwarm (2 / 5)

Klar, als Musical-Verweigerer braucht man gar nicht erst zu erwarten, dass man an Into The Woods große Freude empfinden wird, doch welch offensichtliche Schwächen auch aus objektiver Sicht vorhanden sind, ist enttäuschend. Wer aber Fan von Musicals ist, kann dem Film auf jeden Fall eine Chance geben, Katastrophe ist er keine.

Michael Verfasst von:

Autor, Editor, Public Relations Michael ist der Arthouse Hipster des Teams, dessen Korrektheit und ruhige Art dafür sorgen, dass die Diskussionen immer fair bleiben und Beleidigungen nur zulässt, wenn sie mit Fakten belegt werden können.

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