Zu Weihnachten sind Kinderfilme wieder besonders gefragt, weshalb Bibi und Tina 2 – Voll verhext gerade zur rechten Zeit kommt. Die zweite Verfilmung der beliebten Hörspiel-Reihe um die junge Hexe und ihre Abenteuer auf dem Reiterhof kennt seine Zielgruppe, ist aber dennoch eine positive Überraschung.
Aufregung am Reiterhof: Zuerst wird am Schloss Falkenstein eingebrochen, dann verguckt sich Bibi (Lina Larissa Stahl) auch noch in den mysteriösen Tarik (Emilio Moutaoukkil). Als Tina (Lisa-Marie Koroll) und ihr Freund Alexander (Louis Held) vermuten, Tarik könnte etwas mit dem Diebstahl zu tun haben, beginnt eine freundschaftliche Zerreißprobe.
Zahnspangen-Feschak und Domina-Komissarin
Was ohne Kennen des ersten Filmes sofort überrascht, ist die relative Bedeutungslosigkeit von Bibis Hexerei. Natürlich gibt es ein paar kleinere Zaubereien, die Story funktioniert in seinen Grundzügen aber auch ohne den fantastischen Elementen. Problematisch ist dies aber nicht, denn die zugegeben recht standardisierte Handlung bildet ohnehin nur den Rahmen für einige interessante Ideen, Verspieltheiten des Regisseurs und kuriose Charaktere.
Von diesen fällt zu Beginn vor allem die Komissarin Greta Müller (Mavie Hörbiger) auf, die, komplett in schwarz und mit fetzigem Kurzhaarschnitt, als äußerst dominante Figur auftritt. Was zunächst als womöglich zufällig positive Gender-Aussage interpretiert werden könnte, wird schon bald als bewusster Subtext bestätigt. Zu erkennen ist das in Details, wie etwa der zynischen Übersexualisierung des Stalljungen Holger (Fabian Buch), der Zahnspange von Tarik oder dem schwierigen sozialen Hintergrund desselbigen.
Romanze mit Subtext
Insbesondere letztgenannter Punkt ist ein interessanter Ansatz, der, mit den Augen eines Erwachsenen gesehen, bedrückend umgesetzt ist. Tarik und seine drei Geschwister müssen ohne der in Kur befindlichen Mutter auskommen, einen gemeinsamen Vater haben sie ohnehin nicht – “Wir sind viel gereist” ist die kurze Erklärung dazu. Als Zuhause dient ein kleiner Fleck im Wald, auf dem ein paar Betten und ein Campingwagen stehen, die Eingangstür mit Glocke ist reine Inszenierung.
Voll verhext ist beileibe keine weltverbessernde Sozialstudie, aber dennoch ein sehr positives Beispiel dafür, wie man ohne viel Aufwand einem Kinderfilm eine gute Richtung mitgeben kann. Kritisch zu hinterfragen in Sachen Aussage ist womöglich der starke Liebes-Fokus, beispielsweise dann wenn sogar Tariks wirklich noch sehr kleine Schwester auf den feschen Holger abfährt. Bei all der Romantik bleibt der Film aber sympathisch unschuldig, kommt sogar ohne einem einzigen Kuss aus.
Empfehlenswerter Kinderfilm
Ebenso angetan darf man von der relativen Verspieltheit des Regisseurs Detlev Buck und seiner Drehbuch-Coautorin Bettina Börgerding sein. So zitiert Bibi einfach so mal William Shakespeare, die vielen Musik-Einlagen überzeugen in ihrer Inszenierung mit kreativer Verrücktheit und zwischendurch gibt es eine recht ausgedehnte Sergio Leone-Anspielung. In anderen, bizarren Momenten fühlt man sich sogar ein wenig an die komödiantische Willkür von Monty Python erinnert.
Es soll trotz allem nicht der Eindruck erweckt werden, Voll verhext habe irgendeine andere Zielgruppe als Kinder im Sinn. Für Erwachsene sind die Fehler, selbst wenn es nur kleine sind, dann doch eher schwer zu verdauen. Hier sind der zähe Rosenstolz-Soundtrack, der etwas redundante Musikeinsatz und dieser eine Durchfall-Witz, der sich irgendwie in das Drehbuch geschummelt hat, zu nennen. Außerdem ist der Film wirklich zu lang, denn als der eigentlich kleine Story-Bogen zu Ende geht, führt ein Twist zu einem überflüssigen letzten Akt.* Es ist also nicht wie eine Pixar-Produktion, die man dann mitunter sogar mal mehr genießen kann als die jüngsten Zuseher, aber dennoch ein Kinderfilm, der die erwachsenen Begleiter zufrieden stellen wird.
Fazit (Michael):
Film: Bibi & Tina 2: Voll Verhext
Rating:
Bibi&Tina 2 ist ein überraschend kreativer, liebevoll gestalteter Kinderfilm, der auch vor schwierigen Themen nicht zurückschreckt, dabei aber das Lachen nicht vergisst.
*Uns lag nur die Rohfassung vor, die Kinoversion dürfte um wenige Minuten kürzer sein. Den hauptsächlich kritisierten letzten Akt kann diese Überarbeitung aber naturgemäß nicht betroffen haben.
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