Was sind die letzten großen Fragen, die Wissenschaft, Theologie und Philosophie beschäftigen? Mit Focus on Infinity bietet Regisseur/Kameramann Joerg Burger (Way of Passion) visuell und thematisch Raum für viel Reflexion.
Gigantisch und doch intim
Von der ersten Aufnahme eines riesigen Transporters, welcher ein Radioteleskop an sein Ziel bringt etabliert er gleich zu Beginn, was auf das Publikum in den nächsten 80 Minuten zukommen wird. Gewaltige Naturaufnahmen, riesige astronomische Teleskope werden kontrastiert (oder ergänzt) durch, vom Menschen verlassene, Maschinen oder gar mit der verwahrlosten Hafenstadt Pisagua.
Diese imposanten Bilder sind die Bühne auf der über das menschliche Dasein reflektiert wird. Im Vergleich zu anderen Produktionen werden hier die Erzähler (von theoretischen Physikern bis hin zu einem Mann, welcher schwört, ein UFO gesehen zu haben) spärlich eingesetzt. Doch bei der fundamentalen Natur der hier gestellten Fragen, ist man oft ganz glücklich, nicht mit Informationen überhäuft zu werden. Vielmehr werden die Gedanken in Häppchen präsentiert, während der Gr0ßteil des Filmes aus imposanten und gleichzeitig intimen Aufnahmen besteht, die allein schon das Kinoticket wert sind.
Zeit zum Denken
Die ruhige Präsentation des Filmes erlaubt das gedankliche Abschweifen während des Sehens – im positiven Sinne! Da zwischen den einzelnen Statements viel Raum zum Atmen eingeplant ist, hat man genügend Freiraum, um die Information zu verarbeiten. Einen Tag vor Focus on Infinity habe ich die vielgelobte Dokumentation Particle Fever gesehen, welche sich um den Teilchenbeschleuniger LHC (Large Hadron Collider) dreht und ähnliche Gedanken behandelt. Jedoch könnte der Unterschied zwischen den beiden nicht größer sein (was sich sicher für ein interessantes Doppelfeature anbieten würde). Wo Focus on Infinity zu Gedanken einlädt, ist Particle Fever ein wissenschaftlicher Propagandafilm sondergleichen, welcher mit der Faust die Message hineinhämmert.
Während meines Interviews mit Regisseur Joerg Burger merkte er an, dass Focus on Infinity von dem wissenschaftlichen Publikum nicht durchgehend positiv aufgenommen wurde, was ich persönlich sehr schade finde. Natürlich ist in Burgers Film nicht alles so eitel Wonne, wie in der Teilchenphysik Dokumentation, aber dafür wirken die hier gestellten Gedanken ehrlicher. Wohl ein Mitgrund für die teils negative Rezession ist wohl die Journalistin Asli Erdogan, welche aufgrund ihrer Erfahrungen am CERN von der Physik abgekommen ist und sich nun als Journalistin und Schriftstellerin beteiligt. Erdogan spricht in Focus on Infinity den Druck und Konkurrenzkampf am größten Forschungsprojekt der Welt an und ist damit sichtlich nicht einverstanden – ein Blickpunkt, der nach Particle Fever durchaus frisch und neu war.
Viele Meinungen, keine Antworten
Doch egal, wie man zu Erdogans Meinung steht kippt Focus on Infinity nie in eine genaue Richtung. Denn immerhin sprechen im Film Wissenschaftler wie etwa Lisa Randall und Steven Weinberg, sodass man letzten Endes – wie bei allen guten Filmen – sich selbst eine Meinung bilden muss. Um dies zu tun liefert Burger genügend Stoff und Blickpunkte und besonders wenn es um spirituelle Fragen geht bewegt sich die Produktion elegant auf einem Weg, der keine Seite abstreitet, sondern die unterschiedlichen Facetten einfangen will. Gleichzeitig vermeidet der Film jedoch den Fehler, zu einem perspektivenlosen Sammelsurium an Meinungen zu verkommen, was eindeutig die Leistung der Kamera ist, welche eine klare Visuelle Linie bietet, von der sich die Statements entwickeln können.
Moviequation:
Fazit (Wolfgang):
Film: Focus in Infinity
Rating:
Focus on Infinity ist aufgrund seiner ruhigen Art ein Film, auf den man sich einlassen muss, doch allein die imposanten Bilder machen ihn zu einem Film, der einem im Kopf bleibt und für einige interessante Diskussionen sorgt.
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