Die Wolken von Sils Maria

Im Schatten des Fernseh-Mainstreams hat der Franzose Olivier Assayas mit der Terroristen-Biographie Carlos einen Meilenstein im Miniserien-Genre geschaffen. Ansonsten gilt sein Fokus aber kleineren, philosophischen Produktionen, in deren Sparte auch sein neuestes Werk, Die Wolken von Sils Maria (The Clouds Of Sils Maria) fällt.

Schauspieldiva Maria Enders (Juliette Binoche) soll nach dem Tod ihres Entdeckers Wilhelm Malchior wieder in einer Neuinszenierung seines legendären Stückes Maloja Snake mitspielen, das die verführerische Beziehung zwischen einem jungen Mädchen und einer alten Frau beschreibt. Anders als zum Beginn ihrer Karriere wird ihr allerdings nicht die Rolle der jungen, sondern die der älteren Protagonistin angeboten. In Vorbereitung auf das Stück quartiert sie sich in Malchiors verlassenem Haus in den Schweizer Alpen ein, wo sie mit ihrer Assistentin Valentine (Kristen Stewart) ihre Zeilen übt. Immer stärker kristallisiert sich Marias einseitiges Verlangen nach ihrer jungen Sekretärin heraus.

Offensichtliche Meta-Struktur

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In Sils Maria entwirft Assayas, wie wohl schon aus der Inhaltsangabe hervorgeht, eine sehr deutliche Meta-Struktur. Das Theaterstück weicht in seiner Handlung kaum von der Realität ab, die sich zwischen Maria und Valentine entwickelt. Dieser Zusammenhang wird bewusst anti-subtil inszeniert, um die Reflektionen der Protagonisten über die Figuren des Stücks fließend in eine Diskussion über sie selbst übergehen zu lassen.

Dieser Ansatz ist durchaus interessant, da sich die eigentlichen Ereignisse des Filmes nicht in der obersten Ebene, sondern in jener darunter abspielen. Wenn Maria ihrer Figur beschämendes Verhalten im höheren Alter vorwirft, Valentine sie aber vehement verteidigt, geht es freilich längst nicht mehr um das Theaterstück. Stattdessen ist hier klar zu erkennen, wie die junge Assistentin Verständnis für das unerwiderte romantische Interesse der Schauspielerin aufbringt.

Blickwinkel auf die Kunst

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In erster Linie ist dies aber gar keine Charakterstudie, sondern ein Reflektieren über tiefere Themen, etwa den vielfachen Interpretationsmöglichkeiten in der Kunst. Als der arrogante Hollywood-Youngster Jo-Ann Ellis (Chloë Grace Moretz) im Theaterstück die Rolle des Mädchens übernimmt, beginnt etwa eine kurze Diksussion über den Mainstream. Assayas’ Blick auf die Thematik ist zwar nicht grundsätzlich negativ, aber dennoch aus einer stark französisch gefärbten Sicht.

Auf diese Art und Weise entsteht ein Essay über das Altern, die Kunst, das Kino und meinetwegen auch über die Liebe. Das könnte alles so schön, so interessant sein, aber was zu Beginn noch erhellend ist, ermüdet schon bald aufgrund einer selten drastischen Redundanz, kombiniert mit einer ungesunden Portion Selbstgefälligkeit.

Schwer erträgliche Redundanz

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Denn defacto steht eigentlich schon jede Bedeutung dieses Films in dieser Rezension, mit dem Unterschied, dass es hier nicht unzählige Male wiederholt wird. In Sils Maria hingegen wird uns in gefühlt tausend Szenen immer wieder aufs Neue vor Augen geführt, dass man Theaterstücke, Kunst im Allgemeinen, unterschiedlich interpretieren kann. Das ist etwa zehn Minuten interessant, aber spätestens nach einer Stunde nur noch unfassbar ermüdend. Man könnte womöglich dennoch eine sehr leise Empfehlung aussprechen, wäre da nicht dieses provokante, selbstverliebte Pseudo-Ende, das den Skeptiker in mir zur Weißglut brachte.

Zum Abschluss noch was positives?
Die Schauspielerinnen sind gut, ja sogar richtig toll. Juliette Binoche ist eine Naturgewalt, die es gar nicht erst zulässt, dass ihr Charakter auf eine symbolische Wirkung dezimiert wird. Und Kristen Stewart darf auch mal eine starke Frau spielen, was sie sehr überzeugend hinbekommt.

Moviequation:

moviequation sils maria

Fazit (Michael):

Film: Die Wolken von Sils Maria
Rating:

User3.Leitner.Rating2.Lukewarm.Frei.Small
Lauwarm (2 / 5)

Die Wolken von Sils Maria hat ganz nette Ideen, ist auf diese aber so stolz darauf, dass der Film sie zwei Stunden lang andauernd wiederholen muss. Auch diese Art von Film hat sein Publikum, und das ist gut so, ich gehöre aber definitiv nicht dazu.

Michael Verfasst von:

Autor, Editor, Public Relations Michael ist der Arthouse Hipster des Teams, dessen Korrektheit und ruhige Art dafür sorgen, dass die Diskussionen immer fair bleiben und Beleidigungen nur zulässt, wenn sie mit Fakten belegt werden können.

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