Terry Gilliam (Brazil, Das Imaginarium des Dr. Parnassus) kommt mit seiner neuen dystopischen Gesellschaftskritik in die Kinos und im Gegensatz zu Brazil ist es dieses Mal in Zero Theorem ein kunterbuntes Treiben, nach dem Motto Kommerz statt Staat. Doch wird dieser Film genauso Kultstatus erlangen wie seinerzeit Brazil?
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Qohen (Christoph Waltz) lebt in einer alten Kirche, es ist ganz still und leise, er wartet auf einen Anruf, doch dann muss er in die Arbeit gehen. Kaum geht die Tür auf, merken wir, dass seine Umwelt nicht so sehr auf Ruhe bedacht ist wie er. Es ist unglaublich laut und bunt. Überall laufen Menschen in Neonkleidern herum, personalisierte Werbung verfolgt einen in Form von Hologrammen. Qohen arbeitet als ein Datencruncher. Was genau das ist wissen wir nicht, nur dass er einen futuristischen Playstation Controller bedient und damit Rubixwürfel-ähnliche-Gleichungen aufstellt, die dann verschwinden. Er fühlt sich krank und will lieber von seiner kleinen Kirche aus arbeiten, da ihn die anderen Leute stören und er seinen Anruf erwartet. Das Management (Matt Damon) erlaubt es ihm schließlich, da er von ihm verlangt das titelgebende Zero Theorem zu lösen. Hierbei handelt es sich um eine Gleichung, die beweisen soll, dass das Leben keinen Sinn hat – wir im Grunde nur eine Anomalie sind, die verschwinden wird. Dabei helfen sollen ihm Managements Sohn Bob (Lucas Hedges), ein futuristisches Callgirl (Melanie Thierry) und sein Therapeuten-Computerprogramm (Tilda Swinton).
Thematischer Overload
Terry Gilliams Filme sind nie wirklich von der leichten Sorte, es braucht immer etwas Überwindung sie anzumachen und in all ihrer Pracht zu bewundern. Das ist so bei Brazil oder auch bei Imaginarium of Dr. Parnassus, ja sogar bei The Fisher King. Sein leichtester post-Monty-Python Film ist wahrscheinlich 12 Monkeys und das sagt schon einiges über ihn aus. Hier ist es wieder so, dass man nach kurzer Zeit nicht sicher ist, ob Zero Theorem auf eine verschrobene Art und Weise supertoll ist, oder ob Gilliam mal wieder danebengegriffen hat.
Die Themen sind ganz klar und werden dem Publikum mit dem Hammer eingetrimmt. Unsere Gesellschaft entwickelt sich in eine Richtung, die von Konsum und Firmen kontrolliert wird. Das Leben wird zunehmend digital und echte Erfahrungen damit zweitrangiger. Der Sex im Cyberspace ist viel interessanter und begehrenswerter als der echte, die personalisierten Werbungen verfolgen dich überall hin, sogar der Glaube wird Popkultur. The Church of Batman the Redeemer ist mehr als ein kleiner Witz am Rande. Qohen lebt in einer Kirche und überall hängen Kameras die ihn beobachten. Anstatt eines Kopfes hat das Kruzifix eine Überwachungskamera, konstant erinnert ihn das Telefon an seinen Auftrag.
Die Angst vor der Sinnlosigkeit
Das Management bringt Gilliams Gedanken zum Leben nach dem Tod ziemlich klar zum Ausdruck: Es gibt keines. Alles was zählt ist das Hier und Jetzt. Nur wird das im Film als die Erlaubnis aufgefasst, alles zum Geldverdienen zu verwenden, denn auch die Lösung des Zero Theorems dient einzig und allein dem Gedanken nach Geldvermehrung. Wie genau wird nicht gesagt. Dass der Beweis der Sinnlosigkeit der Existenz andere Folgen haben kann, wird stillschweigend hingenommen. Qohen ist ein Mensch der den Sinn sucht, doch muss er beweisen, dass es diesen nicht gibt. Er wartet seit Jahren auf einen Anruf, der ihm sagt, wozu er auf der Welt ist und hängt nur an diesem Faden. Ständig spricht er davon zu sterben. Er bezeichnet sich selbst übrigens im Plural um ein Gefühl der Gemeinschaft zu haben. Das Thema des Sinns ist das tiefste in Zero Theorem. Erst die Freundschaft zu Bob hilft ihm, sich etwas zu öffnen, genauso wie seine Liebe zum Callgirl Bainsley.
Doch auch sie ist ein Produkt des Konsums und ob man ihr vertrauen kann ist ungewiss, denn anscheinend wurde sie vom Management geschickt um Qohen zum Weitermachen zu animieren. Quietschbunt sind ihre Outfits und Perücken, ihre Website und deren Treffen im Cyberspace, erst später bekommt man einen Blick auf ihr wahres Ich.
Ein ganz kühler Film
Thematisch ist der Film vielleicht überladen, doch emotional ist er dafür total unterkühlt. Es gelingt Gilliam nicht eine Bindung zu irgendeinem Charakter herzustellen. Jeder hat seine Momente, doch es ist eher so, dass man aufgrund der Situation mit der Figur mitfühlt und nicht weil man emotional gebunden ist. Dass der finale Akt des Filmes mehr ein Ladida-Machdrauswasduwillst ist als ein echtes Ende hilft dabei wenig. Dabei muss man auch mal herausheben, dass die schauspielerische Leistung aller Beteiligten total überzeugt. Waltz beginnt als murmelnder Zwangsneurotiker und öffnet sich seiner Umgebung ein bisschen, während Bainsley vom Eyecandy zum echten Charakter wird. Besonders lobenswert ist wieder mal Tilda Swinton die schon wieder fast unerkennbar als Therapeut aus der Box agiert und einen kleinen Rap hinlegt.
Moviequation:
Fazit (Patrick):
Film: The Zero Theorem
Rating:
Zero Theorem ist ein Film der es einem nicht besonders einfach macht ihn zu mögen, doch seine Themenvielfalt und die Möglichkeit tiefer über den Film nachzudenken sprechen dann doch wieder für ihn. Doch die emotionale Distanz wird dafür sorgen, dass sich niemand in diesen Film verliebt, so wie auch die Idee von Liebe und Sinn im Film eher theoretischer Natur ist.
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