Alejandro G. Iñárritu, bekannt für Biutiful, Babel und 21 Gramm ist zurück mit dem grammatikalisch furchtbar geschriebenen Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance). Nebenbei hatte er seine Finger auch noch beim Drehbuch im Spiel. Michael Keaton verkörpert einen alten Superheldendarsteller, der sich selbst und allen anderen beweisen will, dass er ein ernstzunehmender Künstler ist. Mal schauen, wie die Antwort darauf sein wird.
Drei Teile sind genug
Riggan Thomson (Michael Keaton) ist ein abgehalfterter Filmstar aus den Neunzigern, der berühmt ist für seine Darstellung des Superhelden Birdman. Um von diesem Vorurteil wegzukommen, versucht er eine Kurzgeschichte von Raymond Carver auf die Bühne zu bringen, als Produzent, Regisseur und zusätzlich noch Hauptdarsteller. Durch blöde Zufälle muss er sich jedoch kurz vor der Premiere, neben einer schwangeren Schauspielerin (Andrea Riseborough), einer drogenabhängigen Tochter (Emma Stone), seinem ahnungslosen Manager (Zach Galifianakis) und einer von Selbstzweifeln zerfressenden Kollegin (Naomi Watts) auch noch mit einem neuen Schauspieler in Form von Mike (Edward Norton) herumschlagen. Währenddessen hört Riggan auch noch die Stimme seines Birdman Alter Egos, die ihn langsam aber doch in den Wahnsinn treibt.
Blickpunkt Casting
Wenn man die Schlagwörter Superheld und Neunziger hört denkt man natürlich in erster Linie an Michael Keaton und seine Rolle als Batman (auch wenn man in meinem Alter wahrscheinlich eher an George Clooney und Batman und Robin denken muss). Man kann dem Hauptdarsteller und den Protagonisten einen sehr ähnlichen Lebensweg bescheinigen, Michael Keaton wollte auch nicht nur als “der Typ der Batman war” gesehen werden und hat danach viele unterschiedliche Rollen angenommen, bis es eher ruhig um ihn geworden ist. Nur dass wir wissen was er drauf hat.
Genauso Edward Norton, dem man immer wieder nachsagt, ein sehr unangenehmer Schauspieler zu sein, weil er genaue Vorstellungen von seinen Charakteren hat und sich da nicht viel dreinreden lassen will. Wieder eine fast perfekte Parallele zu Mike, der in etwa die selbe Sicht auf seine Arbeit hat. Weiters ist der Film bis zur kleinsten Nebenrolle mit guten Schauspielern besetzt. Eine kurze Kostprobe: Emma Stone, Zach Galifianakis, Naomi Watts oder Andrea Riseborough.
Ein langer Shot
Wenn man sich mal mit dem tollen Casting abgefunden hat, wird man sofort mit der Kameratechnik konfrontiert. Der Cinematographer Emmanuel Lubezki hat letztes Jahr den Oscar für Gravity eingeheimst und will das dieses Jahr wohl wiederholen. Dafür hat er sich zusammen mit Iñárritu etwas ganz besonderes überlegt: Der ganze Film ist als eine einzige Kamerafahrt konzipiert. Natürlich haben sie da etwas getrickst und versteckte Cuts gemacht, aber trotzdem eine große Aufgabe.
Die Schauspieler mussten sieben Minuten lange Takes fehlerlos überstehen damit das überhaupt möglich war, eine überproportional lange Zeit zu drehen, wie die Schauspieler in vielen Interviews betonen. Die große Angst, dass es nur eine Spielerei werden würde und eher ablenkt anstatt den Effekt zu erzielen die Geschichte zu verstärken, hat sich nicht bewahrheitet. Nach relativ kurzer Zeit hat man sich total an die Kamera gewöhnt und erkennt wo die Cuts passiert sein müssen und sobald man das Geheimnis gelüftet hat, ist es einem auch egal.
Ein paar Anspielungen zu viel
In den ersten Minuten von Birdman ist man teilweise von den ganzen Popkultur Referenzen überwältigt. Es wirkt zu gezwungen, die ganzen Namensnennungen von Robert Downey Jr. und Konsorten, die Riggan doch eh nicht das Wasser reichen können. Ganz nett, doch sowas ist sehr schnell lähmend und kommt gezwungen rüber, ganz abgesehen davon, dass es als Zeitstempel herhalten wird.
Es ist nicht immer das Offensichtliche
Auch wenn es eine klare Kritik am Showbiz gibt und daran, dass man Schauspieler aus Hollywood nicht so ernstnehmen kann wie Theaterschauspieler, bin ich trotzdem nicht der Meinung, dass es nur darum geht. Genauso wenig wie in Nightcrawler um das Nachrichtengeschäft. Der Film grenzt schon an Satire und es gibt keinen Charakter der am Ende besonders gut weg kommt. Alle Figuren sind überzeichnet, wenn man sichs genau anschaut. Es ist eine persönlichere Story über einen Menschen, der Angst davor hat seine größten Erfolge hinter sich gelassen zu haben. Jemand der nur noch vor sich hin lebt ohne zu erleben. Die Beziehung zu seiner drogensüchtigen Tochter (Emma Stone) ist alles andere als harmonisch, während ihm Edward Norton mit seinen Skills regelmäßig Minderwertigkeitskomplexe auslöst.
Kurzum, ein Mann, der die Angst des Fischerkönigs teilt, den Verlust davor, Dinge zu schaffen. Und das alles wird auf eine Art präsentiert, dass sich beim Zuschauer das konstante Gefühl der Ungewissheit einschleicht. Was davon ist echt? Was denkt er sich aus? Und wo endet der Film wirklich?! Und genau das ist der Moment in dem der Titel The Unexpected Virtue of Ignorance zum Tragen kommt.
Fazit (Patrick):
Film: Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance)
Rating:
Birdman ist ein spannender Film, der einerseits auf einer technischen Ebene begeistert und durch verdammt gute Leistungen aller Beteiligten noch weiter überzeugt, bis zu einem Grad an dem man dem Film alle kleinen Fehler verzeihen möchte.
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