Eine deutsche Komödie über einen homosexuellen Friseur, der sich in eine Frau verliebt, kann fast nur nah an der Grenze zur Geschmacklosigkeit sein. Kann Coming In der Versuchung nach Schwulen-Klischees und seichten Witzen widerstehen?
Der Berliner Star-Friseur Tom Herzner (Kostja Ullmann) muss sich für die Entwicklung seines neuen Haarshampoos jenem Thema annähern, das er am wenigsten versteht: Frauen. Also fängt er undercover beim Bel Hair an, wo er mit seiner Chefin Heidi (Aylin Tezel) zunächst gar nicht klarkommt. Die beiden kommen sich aber näher und Tom beginnt, seine eigene Sexualität zu hinterfragen.
Klischees, wo man hinschaut
Das Gute zuerst: Coming In ist nicht ganz so beleidigend, wie ich es befürchtet hatte. Zwar sind praktisch alle Schwulen, die gezeigt werden, modesüchtig und ein bisschen tuntig, allerdings gibt es mit Tom und seinem Freund Robert (Ken Duken) zwei Kontrastpunkte, die das Ganze halbwegs vertretbar machen. Natürlich schützt Anstand aber vor Klischees nicht, die Witze über die Kurzlebigkeit mancher homosexueller Beziehungen müssen ebenso sein, wie eine Anspielung auf den Meryl Streep-Kult unter Schwulen. Die Schubladen werden aber auch mit Heidis Freund Didi (Frederick Lau) bedient, der als Fußballfan keine Zeit für seine Beziehung zu haben scheint, weil er ständig nur betrunken im Stadion oder vorm Fernseher sitzt. Wer diese seichte Klischee-Bedienung nicht unterhaltend findet, wird dann auch nicht viel zum Lachen haben, da die Witze kaum einmal darüber hinaus gehen. Trotzdem ist das alles nicht so schlimm wie es sein könnte, als Beispiel für Schlimmeres muss man sich nur den Trailer des leider sehr erfolgreichen Filmes Männerhort ansehen.
Somit sind wir aber auch schon wieder am Ende der Pluspunkte angekommen, wirklich richtig macht der Film nämlich nichts. Interessante Gedanken zur Findung der eigenen Sexualität darf man sich nicht erwarten, hier wird lediglich eine der Standard-Formel entsprechende Liebeskomödie geboten. Wie in jedem dieser Filme muss das Liebespaar erst eine vermeintlich unüberwindbare Hürde meistern, ehe man zueinander finden kann. Während das woanders eklatante Unterschiede in der Lebensqualität oder Missverständnisse sind, ist es hier eben die vermeintliche Tatsache, dass Tom schwul ist. Und so wie der Film das umsetzt, ist das dann von Originalität wieder recht weit entfernt.
Äh… Wie bitte?
Ein weiteres Riesen-Problem des Filmes ist die Story bzw. wie diese erzählt wird. Denn obwohl der Plot denkbar einfach gestrickt ist, klaffen da riesige Lücken, die einfach überhaupt keinen Sinn ergeben. Das fängt schon damit an, dass die Anstellung Toms im Bel Hair nicht nachvollziehbar ist. Der Film erklärt uns, er müsse sich eben mit Frauen beschäftigen, aber warum er in dem kleinen Laden arbeitet anstatt einfach weibliche Kunden in seinem eigenen Salon zu begrüßen, bleibt ein Rätsel. Ebenfalls immer noch unklar ist mir, wie sich die für diese Art von Film obligatorische “Ich bin jetzt sauer auf dich”-Situation erklärt. Plötzlich, nach eindeutiger Annäherung und dem beiseite Legen der wesentlichsten Probleme will Heidi nichts mehr mit Tom zu tun haben. Dieser entschuldigt sich dann sogar auf dramatische Weise bei ihr, aber wofür habe ich leider nicht verstanden.
So ganz nebenbei hat der Film auch noch eine sehr unausgeglichene Balance in den Fähigkeiten der beiden Hauptfiguren. Man will uns erklären, dass sich die beiden Protagonisten gegenseitig helfen, indem etwa Tom bei Heidi lernt, auch die Wünsche der Kunden zu respektieren. Aber im Endeffekt gibt es dennoch nichts, was er nicht besser kann als seine Angebetete. Es sind schließlich seine Frisuren, die die Leute begeistern, seine Fähigkeiten, die Heidis Mofa in kürzester Zeit wieder zum Laufen bringen und es ist auch seine Idee, die das gemeinsame Kreieren des Damenshampoos entscheidend beeinflusst. Und in Sachen unabsichtlicher Aussage passiert dann auch noch der Ausrutscher, dass Heidi erst zum Hingucker wird, als sie von ihrem individuellen Stil befreit wird.
Moviequation:
Fazit (Michael):
Film: Coming In
Rating:
Auch wenn das Drehbuch es schafft, bei einem heiklen Thema nicht wirklich beleidigend zu sein, müssen die Ansprüche schon sehr gering sein, um diesem Film etwas abgewinnen zu können. Er ist schlecht erzählt, unlogisch, voller dummer Klischees, äußerst unlustig und hat obendrein noch eine sehr bedenkliche, wenngleich unfreiwillige Aussage. K
urzum: Coming In ist ein wirklich schlechter Film, den man sich nicht anschauen sollte.
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