Der neue Siegeszug des bayerischen Kinohumors geht weiter. Nur ein Jahr nach dem erfolgreichen Dampfnudelblues gehen die Eberhofer-Krimis, nach der Bestsellervorlage von Rita Falk, in die nächste Runde. In “Winterkartoffelknödel” glaubt der charmante Dorfpolizist im plötzlichen Ableben dreier Familienmitglieder einen Serienmord zu erkennen.
Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel) ist sich sicher, dass da wieder was nicht stimmt im kleinen Niederkaltenkirchen. Erst stirbt Vater Neuhofer an einem Stromschlag, dann wird der ältere seiner beiden Söhne bei einem Unfall von einem Container erschlagen und schließlich findet man die Mutter erhängt im Wald. Bei seinen Ermittlungen wird er jedoch von der mysteriösen Halb-Kanadierin Mercedes (Jeanette Hain) abgelenkt, die sich im kleinen bayerischen Dorf eine Villa renovieren möchte und Franz den Kopf verdreht. Zum Glück ist aber auf seinen Ex-Kripokollegen Rudi (Simon Schwarz) Verlass, der bei seiner neuen Arbeit als Privatdetektiv zufällig auf die richtige Spur stößt.
Bayern-Krimi mit erzählerischen Schwächen
Mit Wer früher stirbt, ist länger tot ist die bayerische Filmkomödie 2006 im 21. Jahrhundert angekommen und hat eine Erfolgsformel definiert, die bis heute Gültigkeit besitzt. Schräge Charaktere gepaart mit einer Prise Gleichgültigkeit sind hierbei neben dem signifikanten Dialekt die wichtigsten Zutaten. Besonders gut funktioniert die Rezeptur natürlich auch in der Literatur, in der die noch junge Eberhofer-Reihe ihren Ursprung hat. Rita Falk erklimmt mit ihren Büchern die Bestsellerlisten, die erste Filmadaption Dampfnudelblues zählte 2013 zu den erfolgreichsten deutschen Kinoproduktionen des Jahres.
Nun läuft mit Winterkartoffelknödel die Fortsetzung an, deren Selbstreferenzen durchaus überraschen. Immerhin basieren doch einige Witze auf offensichtlich im ersten Teil etablierten Klischees und Beziehungen. So muss man sich als Einsteiger etwa die Rolle von Franzs Exfreundin Susi (Lisa Maria Potthoff) erst zusammen reimen, während die schwierige Stellung des Polizisten bei seinen Vorgesetzten im Kontext des ersten Teils sicherlich auch mehr Sinn ergibt. Natürlich kann man der simplen Handlung auch ohne Vorwissen gut folgen, aber der Eindruck, bei dem einen oder anderen Witz nicht eingeladen zu sein, kommt leider auf. Insgesamt verstärkt das auch das Gefühl, die Eberhofer-Reihe wäre als Krimi-Serie auf dem kleinen Bildschirm wesentlich besser geeignet.
Würde man nicht extra dafür ins Kino gehen, wären nämlich auch die Schwächen der Story und im Storytelling leichter hinzunehmen. Der Krimi selbst plätschert lange Zeit ohne merkbare Entwicklung dahin, weil der Fokus zu stark auf Nebengeräusche gerichtet ist. Ein Urlaubstrip von Franz und Rudi, der in Trailer und Inhaltsangabe als wesentliches Storyelement verkauft wird, kommt erst entsprechend spät. Dadurch fühlt sich der Film trotz der eigentlich vernünftigen Länge von 90 Minuten auch ein bisschen zu lang an. Als man dann endlich bei der Auflösung angekommen ist, entpuppt sich diese als weder besonders originell noch detailliert.
Solide Unterhaltung
Nichtsdestotrotz ist Winterkartoffelknödel alles andere als furchtbar und zumindest für Fans des ersten Teiles definitiv eine Empfehlung wert. Hauptverantwortlich dafür sind die Charaktere, die zwar keinen großen Tiefgang besitzen, aber durchwegs sympathisch sind. Franz ist ein höchstens mit einem Bein im Leben stehender Dauernörgler mit Moviationsproblemen und einer scheinbar unwiderstehlichen Anziehungskraft gegenüber Frauen. Seine Oma (Enzi Fuchs) ist eine fast taube Wunderköchin, die immer nur hört, was sie nicht hören sollte, sein Vater (Eisi Gulp) kommt von seinen Hippie-Wurzeln nicht los und Rudi ist ein klassischer Simon Schwarz-Charakter.
Zudem ist man die meiste Zeit gut unterhalten, zumindest einige Witze sitzen ganz gut, wenn man dem bayerischen Dialekt und der gleichgültigen Mentalität etwas abgewinnen kann. So entsteht etwa eine kuriose Episode, in der sich Franz’ kiffender Vater zwei Zehen abhackt, was seinen Sohn aber nur insofern zu stören scheint, dass es ihn aus seinem geplanten Tagesrhythmus wirft. Manchmal braucht es dann aber doch ein ganz schräges Close-Up oder eine skurrile Traumsequenz, um schwächere Momente zu stützen. Und auch die “Mia san mia”-Mentalität wird zumindest einmal etwas unglaubwürdig, als Franz’ Chef den Wunsch nach einer vernünftigen Spurensicherung mit “Und ich hätt’ gern ein Sektfrühstück mit der Christine Neubauer” erwidert.
Movieqation:
Verdikt:
Film: Winterkartoffelknödel
Rating: Lauwarm
Für Winterkartoffelknödel ins Kino gehen sollten nur diejenigen, denen viel bayerischer Dialekt und ein paar gute Witze ihr Geld Wert ist. Generell ist der Film aber für den kleinen Bildschirm und idealer Weise nach Sichten des ersten Teiles eher zu empfehlen.
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