Die Wälder sind noch grün

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Angesichts des Ausbruches vor genau 100 Jahren verwundert es nur wenig, dass ein Film über den ersten Weltkrieg in den Kinos erscheint, um die zurückgekehrte Aktualität des Themas zu nützen. Der österreichisch-slowenischen Koproduktion Die Wälder sind noch grün kann aber trotzdem nicht der Vorwurf gemacht werden, lediglich Geschichtsstunde für Schulklassen sein zu wollen.

Im August 1917, während des ersten Weltkrieges, besetzen drei Soldaten die Station “R”, einen Artilleriebeobachterposten in den Bergen der Julischen Alpen. Bei einem Luftangriff wird einer der drei getötet, während der Hauptmann Jan Kopetzky (Simon Serbinek) nur schwer verwundet überlebt. Unverletzt bleibt einzig der rangniedriegste, Jakob Lindner (Michael Kristof), ein Handwerkersohn, der sich in der Isolation des Berges um seinen Kollegen kümmern und gegen seine eigenen Ängste ankämpfen muss.

Tagebücher als Inspirationsquelle
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Die Idee zum Film stammt von Produzent Robert Hofferer, der sich nicht nur von Georg Trakls Gedicht “Menschheit”, sondern auch von Soldaten-Tagebüchern aus dem ersten Weltkrieg inspirieren ließ. Tatsächlich ist die Geschichte, die er dann mit dem slowenischen Regisseur Marko Nabersnik in Drehbuchform brachte, fiktiv, besteht in seinen Einzelteilen aber weitgehend aus realen Episoden. Was man auf der Leinwand zu sehen bekommt, ergibt kombiniert mit der Produktionsgeschichte unheimlich viel Sinn.

Set und Ausstattung sind zwar die aufwendige Recherchearbeit anzusehen, doch ist es vor allem die Gefühlsebene, die den ersten Weltkrieg hier trotz der weitgehenden Abwesenheit des Kampfes lebendig macht. Wenn Lindner über das Feldtelefon den ganzen Tag auf gute Nachrichten wartet, nur um immer wieder aufs Neue von einer ausbleibenden Rettungsaktion zu erfahren, kann man sich in dessen Situation durchaus gut einfühlen. Auch der Einsatz von religiösen Symbolen, die sich in vielen Szenen in den Hintergrund schummeln, ist den Informationen geschuldet, die Hofferer und Nabersnik aus Tagebüchern erfahren haben. All das führt zu einer sehr nahe liegenden Schlussszene, die das Equipment des Protagonisten in einem Museum zeigt – Geschichte wird hier über die Emotionsebene lebendig gemacht.

Wenig Dialog, große Wirkung

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Dieser Ansatz ist zwar nicht übermäßig originell, sehr wohl aber solide umgesetzt. Die Leiden Jakob Lindners, überzeugend dargestellt von Michael Kristof, werden glaubwürdig vermittelt. Seine Beziehung zu Hauptmann Kopetzky wird etwa auch ohne viel Dialog zwischen den beiden gut verständlich dargestellt. Es entwickelt sich eine Abhängigkeit, die angesichts der Isolation der Alpen nicht so einseitig ist, wie es im ersten Moment den Anschein hat.

Obwohl der Film durchaus zu überzeugen weiß, gibt es auch Szenen, die ein wenig theoretisch wirken. Etwa ist die Einbindung des Trakl-Gedichtes und die vom Titel gegebene Symbolik ein bisschen plump, sogar redundant – man hätte es auch so verstanden. Dazu passt auch die Erzählweise, deren Langsamkeit zwar Sinn macht, zuweilen aber ein bisschen übertrieben wird, wodurch auch das Gefühl des Stillstandes aufkommt.

Moviequation:

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Verdikt:

Film: Die Wälder sind noch Grün
Rating: Empfehlenswert

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Ich bin dazu geneigt, Die Wälder sind noch grün als emotionale Geschichtsschreibung zu bezeichnen. Während der Film nicht viel über die historischen Begebenheiten erklärt, wird doch eine Geschichte erzählt, die so nur in das Szenario des ersten Weltkrieges passt. Allerdings ist die Bandbreite des Filmes nicht groß genug, um die langsame Erzählweise vollkommen zu rechtfertigen.

Michael Verfasst von:

Autor, Editor, Public Relations Michael ist der Arthouse Hipster des Teams, dessen Korrektheit und ruhige Art dafür sorgen, dass die Diskussionen immer fair bleiben und Beleidigungen nur zulässt, wenn sie mit Fakten belegt werden können.

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