Wer kümmert sich um die Hinterlassenschaften von Verstorbenen, die niemand kennt? In Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit begleiten wir den titelgebenden John May (Eddie Marsan) bei eben jener Prozedur. Von einem verlassenen Appartement eines Unbekannten zum nächsten lädt Regisseur Uberto Pasolini zu einem sehr stillen Portrait eines sehr stillen Mannes… ohne dass jemals Stille mit Langeweile gleichgesetzt wird.
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Mr. May bemüht sich, jedem Verstorbenen ein würdiges Begräbnis zu geben. Auch wenn niemand aus dem Bekanntenkreis der Person erscheint, Mr. May ist in der Kirche, schreibt die Rede für den Pfarrer und begleitet den Sarg bis zur Grabesstätte. Das alles kostet natürlich Zeit… und Geld. Und aus eben diesen Gründen wird seine Abteilung zusammengelegt. Ihm wird erlaubt, die Akte seines aktuellsten Verstorbenen fertigzustellen, doch danach gibt es keine Zukunft mehr für ihn in dieser Branche.
Und so beginnt May gewissenhaft wie eh und je, nach dem Verstorbenen Billy Stoke zu forschen. Und sein letzter Fall nimmt immer interessantere Züge an. Wer war dieser Billy? Und wieso erinnern sich so viele an ihn, doch wollen nicht mehr mit ihm in Verbindung gebracht werden?
All diese Fragen werden zwar nicht beantwortet, doch das ist nicht das Wichtige. Wichtiger ist die Reise von May und die Fragen nach Vergänglichkeit und Vermächtnis, die während dieser gestellt werden. Und für ein solch ruhiges Drama benötigt man eine bravuröse Schauspielleistung.
Eddie Marsan im Spotlight
Eddie Marsan ist einer jener Schauspieler, die man zwar nicht auf Anhieb erkennt, doch beim Stöbern durch seine Filmographie wird man den einen oder anderen Film kennen. Sei es als Bösewicht in Hancock, schüchterner Begleiter in The World’s End oder Inspector Lestrade in Guy Ritchie’s Sherlock Holmes, Marsan ist da, aber im Hintergrund.
In Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit ist die Kamera nun 90 Minuten auf ihn gerichtet, doch er bleibt weiterhin jener stille Hintergrundcharakter. Man fühlt sich fast schon unhöflich, wenn man Mr. May in sein steriles Appartement folgt, in dem er eine Dose Thunfisch öffnet, welche sein Abendessen ist. Marsan trägt die Stimmung des Filmes auf seinen Schultern und meistert dies bravourös.
Wenn May in das Appartement einer Person kommt, die „niemand kennt“ und herausfindet, dass jener Unbekannte im gleichen Wohnkomplex wie May selbst gewohnt hat, genügen Marsans Augen, um seine Gedanken für das Publikum zu übersetzen. Ein schüchterner Blick nach dem Abendessen zu dem nun leerstehenden Appartement und wird fragen uns wie May, wer diese Person war und ob May nicht auch so enden könnte – als niemand, an den sich niemand erinnert.
Moviequation:
Verdikt:
Film: Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit
(engl.: Still Life)
Rating: Empfehlenswert
Was lassen wir zurück?
Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit ist ein ruhiger Film, der jedoch nicht monoton oder langweilig ist. Getragen von einer unaufdringlichen Performance von Eddie Marsen ist der Film eine gekonnte Tragikomödie, die zum Nachdenken anregt. Einzig die letzten 20 Sekunden, in denen der Film einen Großteil seiner Ambivalenz verliert, hätte man sich getrost ersparen können.
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