The National ist eine Indie Band, die seit etwas mehr als 15 Jahren den Erfolg sucht und den auch in den letzten Jahren gefunden hat. Die Band besteht aus den Devendorf Brüdern (Bryan und Scott), den Geschwistern Dessner (Aaron und Bryce) und dem Kopf der Bande, Matt Berninger. Matt hat zwar auch einen Bruder Tom, doch dieser spielt keine Instrumente, interessiert sich auch nicht für Indie Rock und scheint im Vergleich zu seinem Bruder nichts erreicht zu haben. Deshalb beschafft Matt seinem Bruder einen Job auf der National Tour und dabei beschließt Tom die Gelegenheit zu nutzen und eine Dokumentation zu machen.
Wenn man jetzt glaubt, dass hier eine gewöhnliche Dokumentation über die Band entsteht, so hat man – um es mit Toms Worten zu sagen weit gefehlt – denn Tom hat weder Plan noch Konzept. Und so begleiten wir ihn über einige chaotische Monate hinweg, in denen er mehr destruktiv als konstruktiv ist. Er vernachlässigt seinen echten Job um Party zu machen und will seinen Bruder interviewen, wenn dieser kurz vor dem Auftritt in höchster Konzentration in der Umkleidekabine sitzt.
Exit trough the Backdoor
Diese Doku hat einige Ähnlichkeit mit Banksys Meisterwerk Exit through the Giftshop. In dieser Doku nimmt Banksy sich selbst als Ausgangspunkt, um einen (laut eigenen Angaben) viel interessanteren Menschen zu durchleuchten. Dabei positioniert sich Banksy geschickt im Hintergrund der Doku und ist doch immer zu spüren.
In Mistaken for Strangers will Tom Berninger eine Doku über eine Tour machen und daraus wird ein Familienportrait, bei dem der kleine Bruder die Rolle seines älteren Bruders verstehen will und den Grund seiner eigenen Unsicherheit beleuchten will. Dass dies Matt Berninger manchmal zur Weißglut treibt und auch in manchen Szenen wie einen Arsch erscheinen lässt, hilft der Autentizität ungemein. Er kriegt natürlich die Kurve und drängt seinen kleinen Bruder geradezu seinen Film fertigzustellen.
Matt quartiert Tom schließlich in seiner Wohnung ein und stellt ihm seine Frau Carin Besser an die Seite, die einen Editing Credit erhält. Weh dem, der böses denkt und annimmt, dass sie ein bisschen Kontrolle fürs Bandimage betrieben hat.
I thought it was about the Band
Man bekommt auch einen Einblick in das Bandleben, die Hackordnung und den kreativen Prozess bei der Entstehung neuer Songs. Auch über die lange Phase als erfolglose Künstler, die vor keinem Publikum spielen mussten erfahren wir, doch Tom kann seine eigenen Konflikte nicht auf die Seite schieben und ihm geht es ständig um seine Beziehung mit seinem Bruder. Dies zeigt auch das Interview mit einem der Dessner Brüder. Hier stellt Tom ausschließlich Fragen über seinen Bruder, sodass Dessner richtig enttäuscht meint, er dachte Mistaken for Strangers wäre ein Film über die Band und alle Mitglieder.
Er tut einem einfach Leid, wenn Tom wieder einmal etwas versaut hat und dafür Anschiss bekommt. Und man fiebert mit, wenn ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, um vergessene Handtücher und Wasserflaschen zu besorgen. Man fühlt sogar ein Gefühl des Erfolges bzw. Stolzes, wenn Tom endlich mal eine Aufgabe gut erfüllt und während eines Konzertes hinter Matt mit einem ewig langem Kabel für dessen Ausflüge durchs Publikum folgt. Doch er wird gefeuert und kehrt nach acht Monaten triumphierend zurück, als sein Bruder ihn nach New York holt zur Fertigstellung des Filmes. Natürlich nicht ohne den einen oder anderen Rückschlag.
Verdikt:
Film: Mistaken for Strangers
Rating: Great
Was wir als Endprodukt erhalten ist eine ganz interessante Studie über eine Familienkonstellation mit einem großen Bruder, der unnahbar und unfehlbar zu sein scheint. Wer sich Mistaken for Strangers anschaut und eine Doku über The National erwartet, wird wahrscheinlich enttäuscht werden, doch für alle anderen ist dieser Film einen Besuch wert. Schon allein für das Selbstvertrauen von Tom Berninger.
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