Ab und an muss auch das etwas ältere Kinopublikum bedient werden, weshalb sich die kanadische Komödie Die große Versuchung von Don McKellar auch spürbar an dieser Zielgruppe orientiert. Ob die Geschichte über die kleine Hafenstadt Tickle Head auch qualitativ zu überzeugen weiß, durfte trotz der Starbesetzung mit Brendan Gleeson und Taylor Kitsch bezweifelt werden.
Murray (Brendan Gleeson), gefühlter Bürgermeister der 120 Seelen-Hafengemeinde Tickle Head ist verzweifelt. Das Ende der Fischereiära hat seine Heimat in eine derart tiefe wirtschaftliche Krise verwickelt, dass quasi jeder Bewohner arbeitslos ist und sogar seine Frau in die Stadt zieht, um sich dort mit einer Anstellung den Lebensunterhalt zu verdienen. Einziger Hoffnungsschimmer für die Gemeinde ist die Bewerbung als Standort einer Fabrik, deren Errichtung aber die Anwesenheit eines Arztes vorausgesetzt ist. Gut also, dass der attraktive Dr. Lewis (Taylor Kitsch) per Zufall für ein Monat in das abgeschottene Örtchen gelockt werden kann, dessen Bewohner von da an alles darauf setzen, ihm den Aufenthalt so schön wie möglich und einen Verbleib entsprechend schmackhaft zu machen. Mit der Wahrheit nehmen sie es dabei nicht so genau, veranstalten sie doch regelmäßig ein regelrechtes Schauspiel, um den jungen Mann zu überzeugen.
Witze für die Omama
Schon in der Eröffnungssequenz, die das frühere Leben der einstigen Fischergemeinde zeichnet, wird die Zielgruppe glasklar. Am Ende des Tages, so die Erklärung, wären die Männer immer von der Arbeit zurück gekommen und von ihren Frauen belohnt worden. In Szene gesetzt wird dies mit einem Bild, das zeigt, wie abends das ganze Dorf von einem kollektiven weiblichen Stöhnen erfüllt wird, ehe die Lichter ausgehen. Das ist ganz lieb inszeniert und jene Art von Humor, bei der das ältere Publikum peinlich berührt hinter vorgehaltener Hand lachen soll. Wahrscheinlich wird das auch ganz gut funktionieren, der Film passt sich in Sachen Witze die ganze Laufzeit über an seine Zielgruppe an. Alles bleibt entsprechend harmlos, gezwungen sympathisch und doch recht altmodisch, weswegen der Unterhaltungswert für die jüngeren Zuseher auch auf bescheidenem Niveau bleibt.
Für das was Die große Versuchung sein möchte, passt aber eigentlich eh alles. Ein nettes Plus ist, dass zumindest zu Beginn versucht wird, ein wenig Tiefe in das Gesamtbild zu bringen. So sind die Probleme der Gemeinde durchaus ein Spiegelbild der heutigen Gesellschaft, vor allem Murrays Komplex, die Frau nicht in die Rolle der Ernährerin rutschen lassen zu wollen, gibt dem Scheitern in Tickle Head eine neue Dimension. Tragisch wie die dargestellte Situation ist, wird damit dennoch impliziert, dass diese im Verweigern einer modernen Weltsicht verwurzelt ist. Zusätzlich gibt es noch die klassische Umwelt-Message in neuem Gewand, unterstützt durch ein (hoffentlich absichtlich) wunderbar zynisches Ende.
Der Arzt ohne IQ
Trotz alledem kann für den Film beim besten Willen keine über die Grenzen der Zielgruppe hinausgehende Empfehlung ausgesprochen werden. Schuld daran sind aber gar nicht so sehr die für Oma und Opa geschriebenen Gags, sondern vielmehr die Charaktere. Während der sture Murray noch ganz brauchbar ist, bricht dann bei der Taylor Kitsch-Figur Dr. Lewis alles zusammen. Der auf welche Art und Weise auch immer zu Doktor-Ehren gekommene junge Mann erweist sich nämlich als unfassbar dumm. Nicht nur, dass er ohne groß nachzufragen zustimmt, ein Monat auf Tickle Head zu verbringen, er ignoriert dann auch alle noch so deutlichen Anzeichen auf einen Betrug. Unter anderem nimmt er einen gerade gefangenen gefrorenen Fisch, ein offensichtlich manipuliertes Cricket-Spiel und auch eine seltsam anmutende Volkskrankheit einfach so unhinterfragt hin. Ein Plot, der auf extremer Naivität seines zentralen Charakters basiert, ist schwer zu akzeptieren.
Moviequation:
Verdikt:
Film: Die große Versuchung
Rating: lauwarm (für die Oma)
Die große Versuchung ist ein Film fürs ältere Publikum, der seine geringen Ambitionen recht solide erfüllt. Das bisschen an Tiefgang, das man aufbringen konnte, hat man sich dann aber mit dem schwer nachvollziehbaren Dr. Lewis wieder kaputt gemacht.
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