Drehbuchautor Steven Knight (Eastern Promises) hat sich zum dritten Mal auf den Regiestuhl gewagt und sein neuestes Drehbuch, No Turning Back (Originaltitel: Locke) selbst verfilmt. Die hochambitionierte Prämisse ist ein Kammerspiel, das mit nur einem Schauspieler auf einem einzigen Set auskommt: Tom Hardy sitzt im Auto und telefoniert.
Vorarbeiter Ivan Locke (Tom Hardy) ist mit dem Auto unterwegs nach Hause, als er plötzlich umkehrt. Der komplette Film spielt sich im Gefährt ab, in dem Locke mit Hilfe der Freisprechanlage dutzende Telefonate führt, die die Hintergründe seiner Fahrt aufdecken.
Am besten ohne Vorahnung genießen
Es ist unheimlich schwer, No Turning Back zu verkaufen, ohne einen großen Teil des Erlebnisses kaputt zu machen. Zwar handelt es sich hier nicht um einen klassischen Twist-Film, den man mit dem kleinsten Spoiler schon entblößt, aber die Art und Weise wie Knight erzählt, ist unheimlich interessant. Wer mit der Prämisse
“Tom Hardy fährt Auto und telefoniert”
ins Kino geht, hat wahrscheinlich unterbewusst schon gewisse Vorstellungen, deren Nichterfüllung zu einem extrem angenehmen Effekt führen. Deswegen wird auf die Handlung auch nicht weiter eingegangen – wer unbedingt mehr wissen möchte, findet diese Infos sicher anderswo.
Was man ohne Spoiler auf jeden Fall herausheben kann, ist, dass No Turning Back nicht nur ein gelungenes Experiment, sondern auch ein gelungener Film ist. Natürlich ist die Tatsache, dass hier ein originelles Kammerspiel stattfindet, Selling Point Nummer 1, doch ist das Ergebnis auch deswegen so zufriedenstellend, weil die Qualitäten sehr bodenständige sind. Die Charaktere und Dialoge funktionieren derart selbstverständlich, dass man zwischenzeitlich vollkommen vergisst, dass sich alles innerhalb eines Autos abspielt.
Kammerspiel und stolz darauf
Ein gutes Drehbuch allein ist dafür aber noch keine Garantie, vielmehr wird die Funktionalität auch durch den effektiven Einsatz von Schnitt und vor allem Kamera unterstützt. Letztere versucht nie, aus dem minimalistischen Setting auszubrechen oder die Story mit billigen Implikationen eines möglichen Unfalls zu konterkarieren. Stattdessen fokussiert sie sich, aufgepeppt durch nette Lichtspiele, auf die naturgemäßen Mittelpunkte der Geschichte: den BMW, die Straße und natürlich den einzigen Darsteller.
Tom Hardy trägt den Film mit einer sehr vielschichtigen Performance, bei der er nicht nur einen bislang gut versteckten britischen Akzent, sondern auch eine neue schauspielerische Facette präsentiert. Eine derart ruhige Figur hat der Charakterdarsteller bislang noch in keiner großen Rolle dargestellt. Gerade am Ende hilft seine starke Leistung, darüber hinweg zu sehen, wie offensichtlich die führende Allegorie des Filmes mittlerweile geworden ist.
Moviequation:
Verdikt:
Film: No Turning Back (Locke)
Rating: Sehr Gut
No Turning Back ist auf den ersten Blick ein Film für alle, die sich gerne auf eine originelle Erzählweise einlassen. Allerdings wird durch Trailer und PR nicht erkennbar, dass Knights neuestes Werk durchaus zugänglich ist und Qualitäten besitzt, die weit über seine Unkonventionalität hinausgehen.
Kleiner Hinweis: In diesem Fall ist es sehr empfehlenswert, den Film im englischen Original zu sehen!
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