Von der Öffentlichkeit weitestgehend ignoriert, hat Disney TinkerBell, die kleine Fee aus Peter Pan, zum Mittelpunkt eines kleinen Animations-Franchise gemacht, die nun in ihr neuestes Abenteuer startet. In TinkerBell und die Piratenfee hat es die Titelheldin mit einer kleinen Rebellin zu tun, die sich, von der Feenwelt im Stich gelassen, einer Bande Piraten anschließt.
Es wäre so einfach, in der unheimlich funktionalen Feengesellschaft einfach unkritisch seinem Tagesgeschäft nachzugehen und das Leben zu genießen. Die wilde Zarina (im Original gesprochen von Christina Hendricks) aber hinterfragt die bis aufs letzte Körnchen exakte Verwendung des Feenstaubs und beginnt zu experimentieren. Nach einem kleinen Betriebsunfall, der ihre Heimat ins Chaos stürzt, verlässt sie voller Scham ihr Zuhause.
Ein Jahr später taucht sie mit einer Bande Piraten, angeführt von James (Tom Hiddleston), wieder auf, stiehlt den wertvollen blauen Feenstaub und macht sich an, mit ihren vermeintlichen neuen Freunden die Welt zu erobern. Um das eng mit dem Staub verbundene Ökosystem am Leben zu erhalten, muss TinkerBell (Mae Whitman) mit ihren treuen Gefährtinnen gegen die Banditen ankämpfen und den Schatz zurückzuerobern.
Das hättest aber schon erwähnen dürfen
Gleich zu Beginn des Filmes wird man mit einem Lied beglückt, das zumindest auf Deutsch (vielleicht wirkt die Originalfassung ja Wunder) extrem konventionell daher kommt, nicht nur im musikalischen, sondern vor allem auch im lyrischen Bereich. Sie wolle halt endlich sie selbst sein dürfen, ein bisserl mehr erleben, trällert die als Staubsammlerin eingeteilte Zarina. Jede Fee dürfte nämlich, so genau wird das im gefühlt zehnten Teil des Franchise dann auch nicht mehr erklärt, ihre eigene Bestimmung haben. Da gibts halt die, die Staub sammeln, solche, die Sachen reparieren, andere können Wasser teilen und dann gibts noch Winterfeen, deren Hauptaufgabe es ist, fesch zu sein.
Unabhängig voneinander kommen meine Begleitung und ich auf den selben ersten Gedanken: das wird wohl Divergent in Kinderform.
Ja eh, aber irgendwie auch nicht, weil sowieso alles im neuen TinkerBell-Abenteuer unglaublich inkonsequent ist.
Das fängt bei einer Story an, die zwar für einen unambitionierten Kinderfilm ausreicht, aber eben auch nur so funktioniert, weil die Charaktere ein rätselhaftes Kommunikationsproblem zu haben scheinen. So bleibt es dem Zuseher vorenthalten, warum der Feenstaubmeister seiner Schülerin Zarina nicht einfach erklärt, warum Experimente mit dem blauen Körnern gefährlich sein könnten.
Ein korrigiertes Drehbuch wäre also nach einem Dialog beendet:
Lehrer: Ich finde deine Neugier bewundernswert, aber der Staub ist sehr gefährlich. Wenn du versehentlich das blaue Fläschschen ausschüttest, wird das ganze Dorf von Riesenwurzeln befallen.
Zerona (enttäuscht): Schade, aber das kann ich natürlich nachvollziehen.
Ende.
Ich weiß schon – no risk no fun und so, aber, dass die kleine Fee wegen ein paar Staubexperimenten zum Outlaw wird, ihre Freunde zurück lässt und in großer Manier ihr Leben riskiert, ist schwer nachvollziehbar. Die Irritation verstärkt sich wenn man bedenkt, dass der blaue Super-Staub am großartigen Status Quo so gar nichts ändert. Denn – “Spoiler” (im Endeffekt ist es eh nach fünf Minuten klar) – von ein paar bunten Farben mehr und noch tolleren Zirkustricks fürs nächste Volksfest abgesehen, sind die Alchemieexperimente der Rebellin ergebnislos.
Den Kindern wirds gefallen
Dass man bei TinkerBell und die Piratenfee, mit den objektiven Augen eines erwachsenen Filmkritikers betrachtet, keinen guten Film zu sehen bekommen wird, war von vornherein klar. Während die Story daher auch noch in diesem entsprechend breiten “Is mir eh wurscht”-Rahmen bleibt, sind andere Dinge aber selbst für einen bewusst unambitionierten Film ein bisschen gar blöd. Man muss ja am Ende kein Buch über die Welt schreiben können, aber manche Dinge sind wirklich unglaublich undurchdacht.
Zum Beispiel sind die Feenflügel absolut überflüssig, da man ohne einer Portion Staub eh nicht fliegen kann. Hat man wiederum den Staub, braucht man die Flügel nicht – auch der menschliche Pirat und sogar sein Schiff erobern dank der Magie die Lüfte. Kurioses Highlight ist aber die Schlusssequenz, in der eine Fee zunächst noch mit scheinbar unbezwingbarer Muskelkraft einem Menschen Paroli bieten kann, es nur Sekunden später aber nicht zustande bringt, ein winziges Schwert aus dem Holz zu ziehen.
Bei aller Kritik bleibt das Killerargument der Verteidigung natürlich unanfechtbar:
Den Kindern wird’s gefallen.
Damit bleibt eigentlich nur das Urteil über, der Film wäre auch für das jüngste Publikum den Kinopreis nicht wert und hätte eher einen Direct-to-DVD-Release verdient. Nur während ich einem Kinderfilm eine niedrige Qualität natürlich verzeihen kann, gilt das für das schamlose Gender-Marketing dahinter nicht. Das ist schon wieder so ein Pseudo-Feminismus, wie in Maleficent, nur noch schlimmer, weil für Kinder. Natürlich stürzen sich die durchgehend weiblichen Feen auch ins Abenteuer, freiwillig gewählt ist dieses aber nur bei den männlichen Piraten und natürlich bei der damit schwer scheiternden Zarina.
Letztere hat am Ende ihre Gangsterklamotten abgelegt, um sich der zuckerlrosanen Abschlussfeier hinzugeben. Noch viel offensichtlicher ist die Verweiblichung, wenn sich die Feenmädchen über die unpassende Farbe ihres Kleides oder nicht sitzende Frisuren beschweren. Zudem ist der “Feminismus” eines Kinderfilmes, der Mädchen ganz klar als Zielgruppe definiert, ohnehin schon fragwürdig.
Moviequation:
Verdikt:
Film: Tinkerbell und die Piratenfee
Rating: Lauwarm
Die niedrige Qualität von TinkerBell und die Piratenfee kommt wenig überraschend und ist, meiner Meinung nach, auch kein echtes Problem. Schade ist nur, wie bedenkliche, zum Großteil wohl sogar unabsichtliche Botschaften über die Rollenverteilung an die Kinder übermittelt werden.
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