Nächster Halt: Fruitvale Station ist die Geschichte von Oscar Grant (Michael B. Jordan), dem Mann, der 2008 obwohl er keinen Widerstand während einer Verhaftung leistete von einem Polizisten erschossen wurde. Der Film begleitet Oscar durch den letzten Tag seines Lebens und man wird Zeuge eines Mannes, der sein Leben vielleicht nicht unbedingt im Griff hatte, jedoch alles daran setzte dies zu tun.
Als Regiedebüt von Ryan Coogler ist dieser Film ein beeindruckendes Werk, das Freude auf Cooglers nächste Arbeit macht. Es wird kein Hehl daraus gemacht, dass dieser Film auf wahren Begebenheiten passiert und so ist die erste Szene auch eine Originalhandyaufnahme des Todesschusses. Die fiktionalisierte Version beginnt dann etwa 24 Stunden vorher. Im Schlafzimmer von Oscar und Sophina (Melonie Diaz) seiner Langzeitfreundin und Mutter seiner Tochter Tatiana (Ariana Neal) hören wir zuerst noch welche Neujahrsvorsätze die beiden haben, ohne dass man hier das Gefühl bekommt, es wird versucht den Zuschauer einzulullen. Der Film hat es nicht nötig dieser Geschichte mehr Pathos zuzufügen, als den, den sie schon von Haus aus mitbringt.
Hier befinden wir uns allerdings auch schon bei einem der wenigen Kritikpunkte, die sich der Film gefallen lassen muss: Einige Szenen sind sehr manipulativ konstruiert. Ein Gespräch zwischen Oscar und Tatiana, in dem sie schon geradezu bettelt, er möge doch zuhause bleiben, weil sie draußen Schüsse hört, ist wohl der ausgeprägteste Versuch künstlich Emotionen zu erzeugen.
Dabei wäre dies gar nicht nötig gewesen, da man durch die schauspielerische Leistung von Michael B. Jordan ohnehin Gefühl bekommt, einem echten dreidimensionalen Charakter zuzuschauen, der nicht das perfekte Leben führt und auch nicht der absolut gute Mensch ist. Er ist ein Teilzeit- Drogendealer, hat seine Freundin betrogen und war auch schon im Gefängnis. In einem tollen Flashback sieht man den Besuch seiner Mutter (Octavia Spencer) und erfährt wie leicht provozierbar er ist.
Hoch anzurechnen ist zudem, dass Coogler nicht den einfachen Ausweg nimmt und diese Tragödie als Resultat von Alltagsrassismus darstellt. Anstatt einen schwarzen Protagonisten zu zeigen, der von einem weißen Polizisten erschossen wird, zeigt der Film Oscar Grant, eine Person, die ohne Rechtfertigung erschossen wird.
Die Beliebigkeit des Tages, das Problem des Castens
Der Film zeigt uns einen beliebigen Tag im Leben eines jungen Mannes, der durch eine Verkettung unglücklicher Umstände zu seinem letzten wird, wodurch sich jedoch bei manchen Szenen die Frage aufdrängt, warum diese im Film sind. Meistens wird die Antwort auf solche Fragen höchstwahrscheinlich der wahre Ablauf des Tages sein, andererseits scheint die eine oder andere Situation doch eher metaphorischer Natur zu sein (z.B. wenn Oscar mit ansehen muss, wie ein Hund überfahren wird).
Ich habe schon erwähnt wie gut Michael B. Jordan diese Rolle spielt, doch nicht nur er, sondern auch Melonie Diaz und Octavia Spencer porträtieren die Figuren auf eine natürliche Art und Weise. Die Präsentation von Tatiana Grant wirkt in diesem Kontext dann doch zu zuckersüß und eindimensional. Kevin Durand (Lost, X-Men Origins, Noah) spielt dieselbe Rolle in der er immer gecastet wird. Er ist die groß und immer körperlich furchteinflößende Gestalt und genau das wirft einen ein bisschen aus dem Film, wenn man Durand aus anderen Produktionen kennt. Ein unbekannterer Schauspieler wäre vermutlich effektiver gewesen, um dem Publikum nicht von Vornherein zu sagen, welche Art von Charakter dieser Polizist ist.
Alles in allem ist Nächster Halt: Fruitvale Station ein beeindruckender Film, dem es gelingt eine wahre Begebenheit realistisch darzustellen, ohne dass er durch die Fiktionalisierung zu sehr den Bezug verliert und Oscar Grant III ein würdiges Denkmal setzt.
[…] Film mich bis zur letzten Sekunde gefesselt hat. Die Regie- und Drehbuch-Arbeit von Ryan Coogler (Fruitvale Station) sorgen mit einer zentralen Leistung von Michael B. Jordan** für einen sehr unterhaltsamen Film. […]