In seinem Regiedebut erzählt uns Wally Pfister die Geschichte von Wissenschaftler Will Caster (Johnny Depp), der zusammen mit seiner Frau Evelyn (Rebecca Hall) an künstlicher Intelligenz forscht. Als er einem Attentat der technophoben Terrororganisation R.I.F.T. zum Opfer fällt, rettet seine Frau und bester Freund Max (Paul Bettany) seinen Verstand indem sie diesen digitalisieren. Doch ist es noch Will oder schon etwas ganz anderes?
Christopher Nolan Light
Der Film wirkt von der ersten Sekunde an wie von Christopher Nolan (Inception, The Dark Knight), kein Wunder, da Pfister für fast alle Nolan Filme für die Kamera zuständig war. Doch die Parallelen liegen nicht nur in der Art der Kameraführung, auch ein Großteil der Besetzung kann man aus früheren Nolan Filmen (z.B. Morgan Freeman, Cillian Murphy) zusammenstellen und sogar der Schnitt wirkt teilweise ausgeborgt. So beginnt der Film mit mit einer Vorausblende und nimmt erst danach die Erzählung der eigentlichen Geschichte in Angriff.
Deshalb drängen sich unweigerlich Vergleiche mit Filmen auf, die ein ähnliches Genre bedienen und das gleiche Ziel haben, intelligente Story mit massentauglichem Appeal. Kurz Inception. Doch dies gelingt diesem Film ganz und gar nicht. Während man bei Inception konstant gespannt war und man als Zuschauer von imposanten Actionsequenzen überwältigt wurde, gelingt es Transcendence nicht ähnliches zu kreieren. Natürlich liegt ein Großteil der Probleme bereits im Skript von Jack Paglen, aber man kann auch Wally Pfister nicht frei von Schuld sprechen.
Vor allem die Schauspieler sind meiste Zeit total unterverwendet. Bei einer Besetzung, die unter anderem Morgan Freeman, Cillian Murphy, Johnny Depp aufzuweisen hat muss man es schon fast als Verbrechen bezeichnen, dass keiner motiviert genug erschein, um seinem Charakter echtes Leben einzuhauchen. Der einzige, dem es gelingt ist Paul Bettany, der einen Freund von Will spielt, welcher zuerst alles daran setzt ihn zu retten, dann jedoch Zweifel bekommt und Gewissensbisse zeigt.
Keine „Technologie ist Böse“ Mentalität
Wie schon erwähnt hat der Film große Ideen, die er versucht zu erforschen. Angenehm ist, dass er sich weigert den gleichen Weg zu gehen, den so viele andere Sci-Fi Filme bestreiten. Hier herrscht nicht die Mentalität vor, dass Technologie böse ist und der Mensch sich von dieser lossagen muss, sondern es wird der Schwerpunkt auf andere Fragen gelegt. Es geht vor allem um die Frage was passiert wenn man jemandem unbegrenzt Macht gibt. Die Allmächtigkeit, die Will Caster erlangt, ermöglicht es ihm alles zu tun, was er will. Durch diese gottähnlichen Mächte scheint er nun langsam den Draht zur menschlichen Seite zu verlieren. Logik ist für ihn nun gößer als die Frage nach Moral.
Als Gegenstück dazu haben wir nicht die gute Menschheit, welche die Gefahr erkennt und versucht die Welt zu retten, sondern wir haben eine Terrororganisation angeführt von Bree (Kate Mara), die sich auch nicht davor scheut Attentate zu begehen und viele Leben auszulöschen um ihren Willen durchzusetzen und eine FBI Abteilung, welche nicht wirklich auf den Plan tritt. Wenn der Computer-Johnny zu seiner Frau sagt, dass sich die Menschen immer schon vor dem fürchteten, was sie nicht verstehen, dann trifft das genau auf den Widerstand gegen Depp zu. Statt der normalen Schwarz–Weiß Malerei besteht der Film doch eher aus verschiedenen Schattierungen von Grau, welche ihre eigenen Ziele verfolgen.
Ohne Emotion geht nicht viel
Doch trotz dieser komplexeren Konzepte gibt es ein großes Problem, nämlich das Fehlen jeglicher emotionalen Bindung zu den Charakteren ab dem Zeitpunkt, ab dem Will Caster digital auftritt. Der erste Akt des Filmes ist der interessanteste, nicht nur weil hier der einzige Moment ist, bei dem Spannung auftritt, sondern weil man hier die Beziehung zwischen Depp und Rebecca Hall mitbekommt und versteht wie stark ihre Liebe ist. Man fiebert mit, wenn sie alles daran setzt um sein Leben zu retten und erkennt gleich, wie sie ihre Augen verschließt vor etwaigen Problemen, die entstehen könnten.
Kurz nach diesen Szenen kommt ein Zeitsprung nach vorne und man begleitet nur mehr eine verängstigte Rebecca Hall die durch ein riesiges Labor wandert, welches ihr digitaler Ehemann bauen ließ um sein neu gewonnenes Wissen zu erforschen und Wunder zu vollbringen. Ich hätte mir erwartet, dass Rebecca Hall die gleiche gefühlvolle Performance wie zu Beginn des Filmes anbietet und dem Zuschauer vermittelt, wie großartig es für sie ist, dass sie ihren Mann retten konnte und mit ihm ihre Lebensträume verwirklichen kann. Stattdessen hat man das Gefühl als würde sie durchgehend Angst vor Johnny Depp haben. Durch diese eindimensionale Darstellung scheitert der Versuch eine Ambiguität zu kreieren zwischen einer Technologie, die noch nichts Böses getan hat, jedoch die Fähigkeit dazu hat und einer Terrororganisation, die unter Umständen noble Ziele hat.
Erst ein fragwürdiger Twist am Ende stellt diese Fronten klar, natürlich viel zu spät, als dass sich noch jemand darum kümmern würde. Zuviel Zeit haben wir mit Szenen einer Ehe verbracht, die uns nicht interessiert, da wir nicht emotional beteiligt sind.
Setup ohne Payoff
Die meisten Filme haben eine Drei-Akt-Struktur, mit dem Höhepunkt im letzten Akt. Heutzutage besteht dieser hauptsächlich aus viel zu langen CGI Schlachten, wie in Iron Man 3 oder Captain America: The Winter Soldier. Doch Transcendence hat überhaupt keinen dritten Akt. Es ist allerdings zu bezweifeln, dass dies ein absichtlicher Schritt von Pfister war, sondern eher unbeholfenes Werken. Alles ist ein Setup für einen Höhepunkt, welcher nie wirklich stattfindet. Es gibt eine Art Action Sequenz, die nicht überzeugt, geschweige denn mitreißt und dann fällt es wieder ins Melodrama das uns schon seit geraumer Zeit nicht interessiert.
Verdikt:
Transcendence ist ein Film, der einen guten Beginn hat und interessante Themen anschneidet, verliert sich, nach einem sehr gefühlvollen Anfang, jedoch in uninteressantem Melodrama und schafft es nicht den Zuschauer auf die Reise mitzunehmen. Wally Pfister wird wohl noch einige Zeit üben müssen um so zu überzeugen wie sein Pendant Chris Nolan.
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